Bindungsängste: Wenn die Verliebtheit schwindet

Florian Friedrich • 4. Dezember 2023

Warum trennen sich viele Menschen nach der ersten Verliebtheit zu früh?

Idealisierung und Realitätsverzerrung

Wenn wir frisch verliebt sind, idealisieren wir oft den/die andere*n, ohne sie/ihn so zu sehen, wie er/sie im tiefsten Innersten wirklich ist und ohne in seinen/ihren authentischen (personalen) Kern zu blicken. Wir sehen sie/ihn dann so, wie wir sie/ihn gerne haben würden.

Das Wort „Verliebtheit“ hat sicherlich nicht zufällig die Vorsilbe „ver-“, weil wir oft irren, wenn wir VERliebt sind, uns etwas vormachen, Frühwarnzeichen nicht beachten oder uns selbst täuschen. Wir leiden in der Verliebtheit unter leichten Symptomen von Realitätsverlust, was uns aber angesichts der vielen Glücks- und Bindungshormone, die der Körper ausschüttet, egal ist. Wir verdrängen in der Regel nur allzu gerne, dass dieser überoptimale Zustand irgendwann auch wieder sein Ende haben wird.

In diesem realitätsverzerrten Zustand besetzen wir den anderen Menschen mit Wünschen, Idealvorstellungen und Phantasien, die im Gegenüber gar nicht vorhanden sind. Sogar Unstimmigkeiten und Gegensätze werden positiv gedeutet und idealisiert: „Gegensätze ziehen sich an“ oder „wir ergänzen einander“.

Diese erste Verliebtheit führt rasch zu einer so starken Bindung, dass sie in der Regel als zu intensiv und damit als anstrengend erlebt wird. Dies ist ein typisches Traumafolgesymptom: Sich immens stark zu binden, bevor wir den/die andere*n gut kennen.

Aus diesen Idealisierungen, dem Himmel, wird dann rasch die Hölle. Es kommt zu massiven Kränkungen, Enttäuschungen, zu Ohnmachtserfahrungen und Hass, mit denen die Betroffenen nicht selbstregulierend umzugehen vermögen.


Lesen Sie in diesem Artikel, warum Menschen mit Bindungsängsten rasch ihre Partnerschaften beenden, wenn die erste euphorische Verliebtheit schwindet.

Bindungsängste: Wenn die Verliebtheit schwindet

Film von Dami Charf: "Gibt es gesunde Abhängigkeit?"

Bindungsängste, Bindungsstörungen und Frühstörungen

Wenn die Verliebtheit nachlässt oder schwindet, können wir dann umso tiefer fallen. So manche*r beendet dann vorschnell eine Partnerschaft, vor allem junge und unerfahrene Menschen, besonders aber auch Menschen mit Frühstörungen (etwa Personen, die an einer Persönlichkeitsstörung leiden und/oder die traumatisiert sind), weil die Ent-Täuschung der Trauerarbeit und der inneren Reife und Ich-Stärke bedarf, die Menschen mit Frühstörungen nicht haben. Aussagen eines erwachsenen Menschen wie „Du, ich hab noch einmal nachgedacht (sic!): Ich bin nicht mehr in dich verliebt“, sind typisch für eine Frühstörung oder Bindungsstörung.


Dabei könnten wir gerade dann viel über uns selber lernen: Wir werden herausgefordert, eine oberflächliche ver-liebte Beziehung in eine erwachsene Partnerschaft überzuführen. Dies gelingt dann, wenn wir in unser authentisches Spüren und Fühlen kommen und uns dann dem/der anderen echt mitteilen. Wir müssten uns dabei so zeigen, wie wir wirklich sind, nicht mit unserer Fassade, dem Aufgesetzten und Antrainierten, dem Hysterischen.

Je ehrlicher, schonender und authentischer wir unsere Emotionen, vor allem auch Leid, Kummer, Trauer, Schmerz, Hass und Wut zulassen und spüren können, desto echter können wir uns auch in der Partnerschaft der/dem Partner*in mitteilen und uns zeigen.


Das Leben ist immer ambivalent und perfekt-unperfekt

Menschen streben grundsätzlich nach ambivalenzfreien und idealen Zuständen und Beziehungen. Dennoch ist das Leben immer ambivalent. Es erfordert ein großes Können und stellt eine hohe Ich-Leistung dar, gut mit Ambivalenzen umzugehen. Ambivalenzen aushalten zu können, sich etwa nach einem Streit wieder zu versöhnen, ist erwachsen. Mit Ambivalenzen nicht umgehen zu können, zu spalten und zu idealisieren ist immer unreif, infantil und oft narzisstisch.

Dies schließt nicht aus, dass wir stets danach streben können, uns als Väter, Mütter, Liebespartner*innen oder Freund*innen weiterzuentwickeln. Diese personale Entfaltung beinhaltet, dass wir uns unserer Grenzen und Begrenzungen bewusstwerden und gut mit ihnen umgehen lernen. Erst wenn ich mir meine eigenen Grenzen und Schwächen eingestehe, ehrlich mit ihnen umgehe und sie annehme, kann ich mich entwickeln und entfalten. Dies ist eine völlig andere Haltung zum Leben als die narzisstische und spaltende Selbstoptimierung, die Schwächen, Defizite und Grenzen verleugnet.


Authentische Gefühle und gespielte Emotionen

In der Existenzanalyse nach Alfried Längle, aber auch in der dritten Welle der Verhaltenstherapie spielen deshalb unsere primären Emotionen und Handlungsimpulse und ein authentisches Fühlen eine herausragende Rolle. Denn ohne einen guten Zugang zu unseren Emotionen bleiben wir nur an der Oberfläche und können uns selbst verlieren, da Emotionen der Schlüssel zu unseren Bedürfnissen sind.

Wir zerreden und analysieren dann in partnerschaftlichen Konflikten alles vom Hundertsten ins Tausendste, erschöpfen uns in stundenlangen, völlig verkopften Diskussionen, bei denen wir uns im Kreis drehen ohne dabei vorzudringen, worum es uns im tiefsten Innersten wirklich geht. In den Tiefenschichten fehlt uns nämlich die Klarheit, und somit bleiben alle Aussagen verkopft, haltlos und ohne Grund und Boden.


Dabei müssen wir echte, authentische (primäre) Gefühle (etwa Wut, Hass, Hilflosigkeit, Trauer, Kränkung) von aufgesetzten und erlernten Gefühlsäußerungen (etwa bei Wut zu weinen, bei Schmerz Wut zu zeigen) unterscheiden. Authentische Gefühle sind immer ansteckend. Ist der Mitmensch traurig, so löst dies in mir Mitgefühl oder Betroffenheit aus. Empfinde ich hingegen Wut, wenn ein Mensch weint, dann spüre ich oft folgendes: Der andere Mensch weint nicht aus Schmerz, sondern manipuliert mich mit seinem aufgesetzten Weinen, um etwas von mir zu bekommen (z.B. Aufmerksamkeit oder Schonung). Somit wirken echte Gefühle mitreißend, unechte hingegen nerven.

Film zu einem Leben mit Bindungsängsten: "Ich, ohne Bindung"

Bindungsängste können eine erwachsene Partnerschaft sabotieren oder unmöglich machen. Bei starker Ausprägung können wir deshalb auch von "Bindungsstörungen" sprechen.

Trigger und emotionale Aktivierung

Wer in einer Partnerschaft vor allem den/die andere*n für seine Enttäuschungen, Kränkungen und Emotionen verantwortlich macht, der verrät, dass bei ihm noch Wunden bis hin zu Traumafolgestörungen aus der Biographie vorhanden sind, welche ihn fixieren und eine Weiterentwicklung erschweren.

In der Regel (sehen wir von psychischer, körperlicher und sexueller Gewalt ab), reagieren wir in Partnerschaften dann extrem affektiv und werden von starken negativen Gefühlen überflutet, wenn wir durch banale Ereignisse im Außen, wie etwa einem Blick, einem Wort, einer Nichtbeachtung getriggert werden. Diese Trigger reaktivieren kindliche Zustände (Ego-States).


Daher ist es in einer erwachsenen, reifen Partnerschaft auch so wichtig, sich selbst und seine Frühstörungsanteile möglichst gut zu kennen. In der Regel liegen viele unserer partnerschaftlichen Konflikte in unserer Biographie verwurzelt und nicht im Hier und Jetzt. Es ist wichtig, frühe Wunden, Traumen, Defizite, Kränkungen, Schmerzen möglichst gut emotional zu verarbeiten. Zuerst sollten wir uns Zeit nehmen und durchatmen, dann uns Zeit geben, um unsere Emotionen und Impulse zu spüren, um diese nicht destruktiv auszuagieren, sondern konstruktiv mit ihnen umzugehen.

Wenn wir in einer Partnerschaft bei uns selbst anfangen, so wird das auch die Partnerschaft verändern. Wir sind immer Teile von Systemen (hier dem System Partnerschaft), und jede Veränderung in uns selbst wird sich zeitversetzt auch auf unsere Mitwelt auswirken.

Autismus und Sexualität - Psychologische Hilfe
von Florian Friedrich 15. Juli 2025
Was sind Störungen im Autismus Spektrum (ASS)? Bei ASS handelt es sich um neurologische Entwicklungsstörungen, die sich ganz heterogen und vielfältig äußern können. Typische Symptome von ASS sind: Stereotype und und sich wiederholende Verhaltensweisen und Interessen Mangelnde soziale und kommunikative Fähigkeiten Taktile und sensorische Hypersensitivitäten Taktile und sensorische Hyposensitivitäten Schwierigkeiten, zu mentalisieren und Mängel in der Empathie Mentalisieren meint die Fähigkeit, die Perspektive anderer Personen einzunehmen und nonverbale Kommunikationssignale intuitiv zu verstehen. Eine mangelnde Kompetenz zu mentalisieren verursacht dann etwa Schwierigkeiten beim Flirten und bei der Anbahnung von partnerschaftlichen und sexuellen Beziehungen. Zu Beginn der Pubertät steigen die sozialen und kommunikativen Anforderungen an Jugendliche. Personen mit ASS können hier nicht Schritt halten, was ein Grund ist, warum sie meist keine Erfahrungen mit romantischen und sexuellen Beziehungen sammeln. Häufigkeit und Geschlechterverteilung von ASS Etwa ein Prozent aller Menschen werden im Laufe ihres Lebens mit ASS diagnostiziert, darunter immer mehr Erwachsene. Das Verhältnis zwischen Männern und Frauen liegt bei 4:1, wobei die Symptome sehr geschlechtsspezifisch sind. Ich biete Sexualtherapie, Sexualberatung, Psychotherapie und psychologische Hilfe für erwachsene Menschen mit ASS (Autismus-Spektrum-Störungen, Asperger) an, die unter partnerschaftlichen oder sexuellen Problemen leiden. Für Menschen mit ASS im Bundesland Salzburg, die ein geringes Einkommen haben, biete ich auch kostenlose Plätze für eine Psychotherapie an ( Regelung für Wirtschaftlich Schwache ).
ADHS und Sexualität – Psychotherapie Salzburg / Hamburg / Berlin
von Florian Friedrich 15. Juli 2025
Selbstbild und Persönlichkeit von Menschen mit ADHS Viele Menschen mit ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom) haben ein schlechtes Selbstbild, weil sie von Kindheit an zu hören bekamen, dass sie irgendwie nicht richtig, falsch, lästig und störend seien. „So wie Du bist, akzeptieren wir Dich nicht “ wird dann im Laufe der Zeit (verinnerlicht) zu: „ Mit mir stimmt etwas nicht. Mich kann man nicht mögen. Ich bin nicht liebenswert oder begehrenswert “. Ein schlechtes Selbstbild im Erwachsenenalter kann erfüllte Partnerschaften und eine selbstfürsorgliche, lustvolle, geile Sexualität sabotieren. Nach Jahren der Stigmatisierung sind Selbstbewusstsein und Selbstwert mitunter so schlecht, dass es den Betroffenen an Selbstsicherheit und Selbstliebe für eine gesunde erwachsene Partnerschaft mangelt. Oder es haben sich Bindungsstörungen und destruktive Bindungsmuster herausgebildet. Diese Symptome sind auf den Minderheitenstress zurückzuführen. In meiner Psychotherapie Praxis Salzburg / Hamburg biete ich Sexualtherapie, Sexualberatung und psychologische Hilfe für erwachsene Menschen mit ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom) an, die unter sexuellen oder partnerschaftlichen Problemen leiden. Für Menschen mit ADHS im Bundesland Salzburg, die ein geringes Einkommen haben, biete ich auch kostenlose Plätze für eine Psychotherapie an ( Regelung für Wirtschaftlich Schwache ).
Asperger, Autismus und Beziehungen
von Florian Friedrich 15. Juli 2025
Was sind die Besonderheiten von Menschen mit ASS in Partnerschaften? Lesen Sie in diesem Artikel über Autismus, Asperger und Beziehungen. Personen mit ASS (Autismus-Spektrum-Störungen) haben in sozialen Beziehungen und Partnerschaften oft wesentlich weniger Erfahrungen als ihre neurotypischen Altersgenossen, und zwar über die gesamte Lebensspanne hinweg. Gründe dafür sind: eingeschränktere bzw. andere soziale Kompetenzen und Soft Skills ein Unverständnis für nonverbale Signale, wie Mimik, Blickkontakt, Flirten eine Schwäche beim Mentalisieren, das ist die Fähigkeit, die Perspektive der anderen zu übernehmen Das Verhalten von Personen mit ASS wirkt deswegen manchmal auf neurotypische Menschen ungewöhnlich oder sogar unangemessen. Hier wird ersichtlich, dass es Personen mit ASS oft an den wesentlichen Grundbedingungen mangelt, intime und sexuelle Beziehungen einzugehen, aufzubauen und aufrechtzuerhalten.
Embodiment, Berührungen und Kopftechniken
von Florian Friedrich 13. Juli 2025
Die Arbeit mit beruhigenden Selbstberührungen und Ansätzen aus dem Embodiment Durch Klopftechniken, EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing), Selbstberührung und Fremdberührung regulieren wir unsere Emotionen. Somit lassen sich etwa Ängste, Panik und Symptome von Traumatisierungen selbstwirksam abmildern und verändern. Durch eine andere Körperhaltung kann ich neue Netzwerke aufrufen, denn Zellen, die miteinander feuern, vernetzen sich. Damit ist die bewusste und willkürliche Arbeit mit dem Körper eine der stärksten Bahnungs- und Primingsmethoden (Attraktor) für ein positiveres und anderes Leben, in dem ich meine Stärken wieder spüre. Als Therapeut und Coach habe ich das Vertrauen, dass unser Körper immer die Lösungsmuster, Muster des Gelingens und Ressourcen kennt. Mit unserer Kognition haben wir oft keine Antwort auf schwierige Fragen, jedoch weiß sie unserer Körper immer. Ich biete hypnosystemische Therapie mit Klopftechniken, Berührungen und Ansätzen aus dem Embodiment in Salzburg / Hamburg an. Die Arbeit mit dem Körper und mit Embodiment ist auch telefonisch und online (etwa per Videocall) gut möglich.