Autismus-Spektrum-Störungen und trans*Identität

Florian Friedrich • 7. September 2025

Autismus-Spektrum und Geschlechtsinkongruenz

Lesen Sie in diesem Artikel über die Kombination von Autismus-Spektrum-Störungen und trans*Identität.

Menschen, die trans* (transident, transgender, transsexuell, genderfluid, nicht-binär, agender, polygender, gender queer) sind und Autismus-Spektrum-Störungen (ASS, etwa Asperger oder verschiedene Formen von Autismus) aufweisen, sehen sich oft mehrfachen Stigmatisierungen ausgesetzt:

So können sich neurotypische Menschen, das sind Personen, die keine ASS aufweisen, nur schwer auf die Bedürfnisse von Personen mit ASS einstellen und stigmatisieren die typischen Verhaltensweisen von Menschen mit ASS ohne deren Stärken und Ressourcen anzuerkennen.
Auch trans*Menschen ohne ASS kennen diese Stigmatisierung aufgrund ihres Abweichens von der gesellschaftlichen Normalität und ihres Andersseins. Sind Menschen zugleich trans* und weisen ASS auf, so kann es mitunter zu mehrfachen Diskriminierungen kommen.

Menschen mit ASS sind überdurchschnittlich häufig trans* oder non-binär.


Ich biete psychologische Hilfe und Psychotherapie für trans*Personen an, die sich im Autismus-Spektrum befinden.

I offer psychological help and psychotherapy for trans*gender people who are on the autism spectrum.

Autismus-Spektrum-Störungen und trans*Identität

Diskriminierung und Stigmatisierung

Menschen, die eine ASS aufweisen und trans* sind, werden oft wegen folgender Merkmale diskriminiert und erfahren psychische Gewalt, wie etwa Ausgrenzung und Mobbing:

  • wegen ihres Andersseins und ihres Abweichens von gesellschaftlichen Normen
  • wegen ihrer Schwierigkeiten, zu mentalisieren. Mentalisieren meint die Fähigkeit, sich bewusst zu werden, was in anderen Menschen mental, kognitiv und emotional vorgeht
  • wegen des nicht-verstanden-Werdens, aber auch des nicht-Verstehens und aller zwischenmenschlichen Konflikte, die damit einhergehen
  • wegen ihres scheinbar sozial unangemessenen und unbeholfenen Verhaltens
  • wegen ihrer Schwierigkeiten, was körperliche Nähe, Sexualität, Erotik und Partnerschaft betrifft
  • wegen ihrer Geschlechtsinkongruenz
  • wegen der Schwierigkeit, ihre Gefühle und Emotionen zu dechiffrieren und zu benennen
  • wegen einer abweichenden sexuellen Orientierung, wie etwa Homosexualität, Bisexualität, Pansexualität, Asexualität
  • wegen ihrer Schwierigkeiten, ihre trans*Identität zu benennen

Podcast: "Was Queerness mit Autismus zu tun hat"

Menschen mit ASS sind häufiger queer, trans*ident oder non-binär. Erfahren Sie in dieser Sendung, warum das so ist.

Das Leben mit ASS und trans*Geschlechtlichkeit

Menschen, die ASS aufweisen, versuchen sich oft (zu) stark an ihr soziales Umfeld anzupassen, das nicht auf ASS eingestellt ist und auch nicht auf deren spezifische Bedürfnisse eingeht. Diese Kompensationen kosten viel Kraft und Lebensenergie und führen häufig dazu, dass Menschen mit einer ASS eine chronische Erschöpfung, ein Burnout, eine Depression, Angststörungen oder Zwangsstörungen entwickeln. Auch sozialer Rückzug kann eine Folge sein.

Menschen mit ASS sind allerdings auch unabhängiger von sozialen Normen als neurotypische Menschen, was entlastend sein kann, wenn sie trans* sind. Dies kann Vorteile haben, wenn ein Kind, das ASS aufweist, trans* ist und dann eher seine trans*Geschlechtlichkeit zu leben vermag als ein neurotypisches Kind.

Zugleich kann es aber für ein Kind oder einen Jugendlichen mit ASS schwieriger sein, einzuschätzen, was es bedeutet, sich zu einem oder mehreren Geschlechtern zugehörig zu fühlen. Nach meiner Erfahrung ist es hier wichtig, trans*Personen mit ASS viel Zeit und Raum zu geben, keinen Druck auf sie auszuüben und zugleich immer auf die spezifischen Bedürfnisse einzugehen, die mit ASS einhergehen. Dies erfordert mitunter Langsamkeit und viel Struktur, wobei ich immer wieder die Erfahrung mache, dass Personen mit einer ASS diese Langsamkeit auch selber wünschen und einfordern.

Eine Transition mildert übrigens nicht die Symptomatik von ASS.


ASS stellt niemals eine Kontraindikation für ein positives Gutachten dar. Eine Hormonbehandlung oder chirurgische Maßnahmen sind mit ASS (oder Persönlichkeitsstörungen, Schizophrenie) grundsätzlich vereinbar, wenn die betroffene trans*Person stabil genug für die Transition ist. Schwierig wird es aber dann, wenn ein Mensch ein desintegriertes Strukturniveau hat. Dieses hat aber nichts mit ASS zu tun, sondern liegt manchmal bei schweren Persönlichkeitsstörungen oder bei Schizophrenie vor.


Ich biete psychologische Hilfe und Psychotherapie an, wenn bei Ihnen Asperger, Autismus und trans*Identität vorliegen.

Filmtipp: "Coming out as LGBTQ+ when you’re autistic"

Viele LGBTIQA* sind autistisch. Erfahren Sie in diesem Film von den Ressourcen und Stärken autistischer LGBTIQA*.


Many LGBTIQA* are autistic. In this film, you will hear about the ressources and strengths of LGBTIQA* people with autism.

Einen Termin vereinbaren

Was ist das Zürcher Ressourcenmodell (ZRM)?
von Florian Friedrich 13. Dezember 2025
Ressourcenorientierte Selbststeuerung Das Zürcher Ressourcenmodell (ZRM) ist ein wissenschaftlich fundierter Ansatz zur Selbststeuerung und persönlichen Entwicklung. Entwickelt wurde es von Dr. Maja Storch und Dr. Frank Krause am Psychologischen Institut der Universität Zürich. Im Mittelpunkt steht die Idee, Menschen dabei zu unterstützen, ihre vorhandenen Ressourcen zu aktivieren und innere Motivation nachhaltig zu stärken. Hinweis: Ich bin nicht zertifiziert , um mit dem Zürcher Ressourcenmodell zu arbeiten. Dieser Artikel dient ausschließlich der Information und persönlichen Einordnung, nicht der Anleitung oder Durchführung von ZRM-Trainings. Ich möchte in diesem Artikel auf diesen sehr wertvollen Ansatz aufmerksam machen und das Lebenswerk von Maja Storch würdigen.
Was ist das Seitenmodell in der Hypnosystemik?
von Florian Friedrich 12. Dezember 2025
Ein wesentlicher Baustein im hypnosystemischen Ansatz Das Seitenmodell von Gunther Schmidt ist ein Kommunikations- und Reflexionsmodell aus der systemisch-lösungsorientierten Kurztherapie und dem Hypnosystemischen Ansatz . Es dient dazu, innere Anteile einer Person übersichtlich darzustellen und besser mit ihnen zu arbeiten. Schmidt nutzt das Modell u. a. zur Utilisation, zur Ressourcenaktivierung und zur Entscheidungsfindung. Grundidee Ein Mensch besteht nicht aus einem einheitlichen Ich, sondern aus verschiedenen „Seiten“ (inneren Anteilen), die in unterschiedlichen Situationen aktiv werden. Diese Seiten können diverse Bedürfnisse, Gefühle, Überzeugungen und Handlungstendenzen haben.  Das Seitenmodell macht sichtbar: Welche inneren Seiten gerade präsent sind Welche Anteile im Konflikt stehen Welche Seiten Unterstützung, Würdigung oder Halt brauchen Welche Ressourcen-Seiten gestärkt werden können
Bindungs- und körperorientierte Psychotherapie
von Florian Friedrich 12. Dezember 2025
Bindungs- und körperorientierte Psychotherapie In der bindungs- und körperorientierten Psychotherapie und Traumatherapie geht es um den guten Kontakt zu sich selbst und den Mitmenschen. Im Mittelpunkt steht das gegenwärtige Erleben und nicht das Erinnern von Traumen in der Vergangenheit. Ich biete bindungsorientierte / beziehungsorientierte Psychotherapie in Salzburg / Hamburg an.
Kollektive Heilungsräume nach Thomas Hübl
von Florian Friedrich 12. Dezember 2025
Heilung braucht Verbundenheit Kollektive Heilungsräume nach Thomas Hübl sind bewusste soziale Felder, in denen Menschen gemeinsam an der Heilung von individuellen und kollektiven Traumata arbeiten. Hübl verbindet dabei Elemente aus transpersonaler Psychologie, systemischer Arbeit, Mystik, Trauma­forschung und kontemplativen Praktiken. Ich bin sehr inspiriert von Thomas Hübl und möchte hier seinen Ansatz vorstellen.