Mag. Florian Friedrich, BA

Psychotherapie, Beratung und Coaching


Wichtig: Ich bin in meiner Praxis voll und kann daher keine Ersttermine

 für neue Klient*innen anbieten.

Wenn Gutachten für trans*idente Personen verweigert werden

Florian Friedrich • 19. September 2023

Wofür benötigen trans*Menschen ein Gutachten?

Mitunter werden Befundberichte und Gutachten für trans*Personen verweigert. Dies kann für die Betroffenen existentiell erschütternd und bedrohlich sein, in seltenen Fällen ist es aber aus therapeutischer Sicht auch notwendig.

Menschen, die trans* (transgender, transident, transsexuell, nicht binär, agender, polygender, genderfluid, divers) sind, brauchen in Österreich und Deutschland psychologische bzw. psychotherapeutische und fachärztliche Gutachten, bevor sie mit der Hormontherapie oder chirurgischen Maßnahmen zur Angleichung an das erlebte Wunschgeschlecht beginnen können. Dieser Prozess ist für trans*Personen, die sich ihrer Identität absolut sicher sind, oft mit vielen Schikanen, mit Willkür und Demütigungen verbunden und wird als stigmatisierend und entwürdigend erlebt. Hier kommt es mitunter zu schweren Belastungen.


Auch ich als Psychotherapeut fühle mich hier vom Gesundheitssystem missbraucht: Ich soll eine Diagnose geben für etwas, was ein andere Mensch nur selber spüren und fühlen kann. Unter Umständen bin ich dann auch haftbar, sollte jemand dann doch wieder in sein biologisches Geschlecht zurück wollen (dies nennt man "Retransition" bzw. "Detransition").

Ich arbeite gerne mit trans*Menschen, wenn sie freiwillig aufgrund psychischer Belastungen (etwa wegen Depressionen, Stigmatisierungen, Traumen, Diskriminierungen oder zur Selbstfindung) zu mir kommen, aber nicht wenn sie es müssen, um behördliche Auflagen zu erfüllen und wenn sie dann die Zeit bei mir absitzen.

Wenn Gutachten für trans*idente Personen verweigert werden

Wenn das Gutachten verweigert wird

Fast alle trans*Personen, die zu mir kommen, sind sich ihrer Identität absolut sicher und spüren klar und deutlich, in welchem Geschlecht oder in welchen Geschlechtern sie leben möchten. Darunter befinden sich auch immer wieder Menschen mit Autismus bzw. im Autismus-Spektrum.

Allerdings muss ich als Psychotherapeut ein Gutachten bzw. eine positive Stellungnahme für körpermodifizierende Maßnahmen dann verweigern, wenn ein Mensch seine Gefühle und Bedürfnisse nicht in Worte fassen kann.


Zumindest einige der folgenden Fragen sollte eine trans*Person im Laufe der Monate beantworten können:

  • Wenn Du morgen aufwachst und es ist ein Wunder geschehen, in welchem Geschlecht (oder in welchen Geschlechtern) würdest Du dann leben?
  • Wenn Du dann in den Spiegel blickst, was siehst Du?
  • Wie würdest Du leben, wenn Dich alle Menschen unterstützen würden?
  • Was würdest Du dann körperlich spüren (im Muskeltonus, in und auf der Haut, in der Atmung)?
  • Welche Emotionen würden in Dir hochkommen?
  • Was würdest Du dann anders machen?
  • Wie würden andere Menschen es bemerken, dass Du auf einmal authentisch in Deinem Wunschgeschlecht lebst?
  • Wie würde so ein Tag in Deinem Wunschgeschlecht aussehen?
  • Gibt es aktuell schon Möglichkeiten, mehr in Deinem Wunschgeschlechts zu leben?
  • Was wären erste, ganz kleine Schritte in die richtige Richtung?

Film: "Transgender - Von Geburt an im falschen Körper: Wie ich werde wer ich bin"

Sehen Sie in dieser Dokumentation das Leben von trans*Kindern. In diesem Fall wird ein Gutachten eindeutig positiv ausfallen.

Die paradoxe Frage

In der Psychotherapie gibt es die paradoxe Frage, die oft hilfreich sein kann, um sich die eigenen Stärken und Kompetenzen bewusst zu machen. Die paradoxe Frage in diesem Fall könnte lauten:

"Was müsste ich tun, damit ich keinen Befundbericht und keine Zustimmung zur Hormontherapie bekomme?"

  1. Wenn ich gerade aufgrund einer schweren psychischen Problematik nicht über meine Gefühle und Bedürfnisse sprechen kann oder gar nicht an meine Gefühle und Bedürfnisse herrankomme. Wenn ich mich also selber nicht spüre. Dies ist vor allem während schwerer Depressionen oder bei sozialen Phobien der Fall. Aber auch bei schweren Persönlichkeitsstörungen oder während Psychosen. Hier braucht es dann auf alle Fälle und ohne Diskussion eine Psychotherapie, damit der betroffene Mensch an sein authentisches Spüren und Fühlen kommt. Als Therapeut muss ich fühlen, dass ein Mensch die Kompetenzen hat, an seine Gefühle und Bedürfnisse herranzukommen. Ich erlebe dieses gar nicht Rankommen an die eigenen Gefühle übrigens nur äußerst selten.
  2. Auch teilweise oder vorübergehende Geschlechtsidentitätsstörungen, wie sie in Krisen während der Adoleszenz auftreten oder akute Psychosen, bei der die geschlechtliche Identität vorübergehend verkannt wird, sind Gründe, geschlechtsangleichenden Maßnahmen nicht zuzustimmen oder zumindest den Betroffenen noch Zeit zu geben. Im therapeutischen Prozess sollte jeder Mensch die Klarheit erlangen, dass das Bedürfnis nach geschlechtsangleichenden Maßnahmen stabil und zeitlich überdauernd ist und dass nur auf dem Weg geschlechtsangleichender Maßnahmen das Leiden vermindert werden kann.
  3. Wenn ich erst vor wenigen Monaten oder Wochen realisiert habe, dass ich trans* bin.
  4. Andere Gründe gibt es nicht.

Film: "Trans*: Wer bestimmt mein Geschlecht?"

Das Prozedere der gerichtlichen Begutachtung ist in Deutschland sehr komplex, manchmal auch trans*negativ.

Positive Gutachten bei schweren psychischen Störungen

Selbstverständlich muss ich immer dann vorsichtig sein, wenn eine schwere psychische Erkrankung wie eine Borderline-Persönlichkeitsstörung schwerer Ausprägung (mit ihrer verzweifelten Suche nach Identität) oder eine Schizophrenie (mit ihrem Verlust von Identitätsgefühlen und dem Auflösen aller Grenzen) vorliegt. Hier ist dann das Risiko der Detransition größer. Detransition meint, dass ein Mensch nach hormonellen und chirurgischen Maßnahmen zur Angleichung an das Wunschgeschlecht (Transition) wieder in sein biologisches Geschlecht zurück möchte.
Allerdings gibt es selbstverständlich auch viele Menschen, die an einer schweren Borderline-Persönlichkeitsstörung oder Schizophrenie leiden und trans*ident sind und kein Risiko für eine Detransition haben. Hier würde dann die Transition die Borderline/Schizophrenie-Symptomatik unter Umständen sogar lindern.

Ich kenne viele Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen, die ganz klar spüren, dass sie trans* sind und wo ich ohne Zweifel der Hormontherapie zustimmen kann.


Ich selber kann als Psychotherapeut ohnehin niemals sicher „wissen“, ob ein Mensch trans* ist. Dies steht mir gar nicht zu, wäre eine Anmaßung und somit psychische Vereinnahmung bzw. Missbrauch. Eine trans*Person kann sich die Einordnung „trans*ident“ nur selbst geben und stellt sich somit selbst die Diagnose. Eine Diagnose wird vom Gesundheitssystem nämlich noch immer verlangt, auch wenn trans*Identität ein gesundes Phänomen und keine psychische Erkrankung ist.


Als Existenzanalytiker verstehe ich Psychotherapie als eine wissenschaftlich fundierte Behandlungsmethode und als ein Heilverfahren, das Menschen hilft, ihre authentischen Gefühle und Bedürfnisse zu bergen, um gut und selbstfürsorglich mit sich selbst und den Mitmenschen umzugehen.

Ich sehe meine Aufgabe somit darin, die betroffenen Menschen zu unterstützen und ihnen zu assistieren, für sich herauszufinden und zu spüren, wo ihre Bedürfnisse sind. Ich helfe somit trans*Personen, Kompetenzen des authentischen Spürens und der Selbstreflexion zu erwerben, sofern sie diese nicht ohnehin schon haben, was in der Regel der Fall ist. Wenn die Fähigkeit zum authentischen Spüren gar nicht vorhanden ist, wie etwa bei schweren Psychosen, dann verweigere ich die Zustimmung zur Hormontherapie und gebe der betroffenen Person noch Zeit. Meine Verweigerung ist allerdings niemals definitiv und nie unumkehrbar.

Diagnostik aus hypnosystemischer Sicht
von Florian Friedrich 6. März 2025
Diagnosen sagen nichts über unsere Klient*innen aus Als Hypnosystemiker erlebe ich Diagnosen meist als trivialisierend und als eine die Komplexität reduzierende Vernichtung von Informationen. Zudem werden Diagnosen überwiegend völlig blind für den Kontext gestellt, in dem ein Symptom auftritt. Ziel dienlich sind Diagnosen aus hypnosystemischer Sicht dann, wenn Patient*innen sie wollen, weil sie dadurch Entlastung erfahren (was ich dann wieder utilisieren kann), oder eben für die Krankenkassen und Sozialversicherungsträger. Der Begründer der Hypnosystemik Gunther Schmidt erwähnt etwas augenzwinkernd, dass sich seine Klient*innen eine der häufigsten Diagnosen (etwa "mittelgradige depressive Episode") selbst auswählen dürfen (sie können aber auch ausgewürfelt werden), wobei wir die Diagnosen dann zusammen mit unseren Klient*innen auf möglicherweise negative Auswirkungen überprüfen sollten.
Täterintrojekte - was ist das?
von Florian Friedrich 5. März 2025
Wenn der/die Täter*in innerlich immer da ist Die Bezeichnung "Täterintrojekt" ist völlig veraltet, pathologisierend, unglücklich, irreführend und aus meiner hypnosystemischen Sicht wenig ziel-dienlich. Dennoch möchte ich in diesem Artikel erläutern, was damit gemeint ist. Das Wort " Introjekt " leitet sich vom Lateinischen " intro " (zu Deutsch: hinein, herein) und " iacere " (zu Deutsch: werfen) ab. Ganz typisch nach schweren Traumatisierungen in der präverbalen Lebensphase, also in der frühesten Kindheit, ist es, dass sich täterloyale Muster ausbilden. Die Opfer verhalten sich in Abwesenheit der Täter*innen so, als ob diese anwesend wären. Es entwickelt sich die verkörperte Wahrnehmung, dass die Täter*innen richtig seien und ich selbst falsch. Dies führt zu einem tiefen Selbsthass. Die Opfer introjizieren zudem das Bild des schlechten, bösen und ungeliebten "Kindes", welches ihnen von den Täter*innen (meist von den Eltern oder anderen nahen primären Bezugspersonen) vermittelt wird. Die Täter*innen pflanzen also dem Kind ein Feindbild seiner selbst ein. Typisch für "Täterintrojekte" ist die toxische Scham, die zur Schamrage und zum Hass führen kann. Darum sind Pflegekinder, die im ersten Lebensjahr bei schwer psychisch kranken Eltern, drogensüchtigen Müttern oder schlagenden Vätern leben mussten, oft schwer gestört. Aufgrund ihrer Täterintrojekte entwickeln sie später auch dann eine Persönlichkeitsstörung, wenn sie in liebevollen Pflegefamilien aufwachsen.
Rituelle Sexuelle Gewalt ist eine Legende
von Florian Friedrich 4. März 2025
Das Verschwörungsnarrativ von Michaela Huber Insgesamt gibt es mindestens 20 Definitionen von Ritueller Gewalt (RG). Dieser Artikel bezieht sich auf die Verschwörungstheorie der berühmten Traumatherapeutin Michaela Huber, ein Narrativ, das leider in der Therapieszene noch immer als selbstverständlich hingenommen und zu wenig hinterfragt wird. Lesen Sie in diesem Beitrag, warum Rituelle Sexuelle Gewalt (nach Michaela Huber) und Satanic Ritual Abuse (SRA) Legenden und klassische Verschwörungstheorien sind.
trans*identität – Supervision und Teamsupervision
von Florian Friedrich 4. März 2025
Gruppensupervision für Psycholog*innen, Psychotherapeut*innen, Psychiater*innen, Gutachter*innen, Pädagog*innen, Therapeut*innen und andere Berufsgruppen Ich biete regelmäßig an Samstagen von 11 bis 13 Uhr eine kostenlose online Supervisionsgruppe / Intervisionsgruppe für Psycholog*innen, Psychotherapeut*innen und Psychiater*innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz an, die trans*Personen auf ihrem Weg der Transition in ihr Wunschgeschlecht begleiten und/oder Gutachten bzw. Stellungnahmen für Hormontherapien und Operationen verfassen. In dieser Gruppe können wir alle viel voneinander lernen, Fallvignetten einbringen, unser Schwarmwissen bündeln, netzwerken und auch Länder übergreifend zusammenarbeiten. Die Gruppe ist offen, d.h. Sie können jederzeit dazustoßen. Ich selbst koordiniere die Gruppe nur, bin aber im Sinne der Intervision ein Teil der Gruppe und nicht deren Leiter. In der Gruppe können Einzelfälle, aber auch Themen eingebracht werden. Mögliche Themen sind: Gutachten erstellen Sorgen wegen Detransition und Fehldiagnosen Rechtliches und Haftung bei Detransition Autismus, ASS und ADHS in der Kombination mit trans*Identitäten genderfluide und non binäre Lebensweisen Rechtliche Aspekte Andere LGBTIQA* Themen Wann sind die nächsten Termine? Samstag, 8. März 2025 von 11 bis 13 Uhr Samstag, 10. Mai 2025 von 11 bis 13 Uhr Samstag, 12. Juli 2025 von 11 bis 13 Uhr Einzeln oder im Team Des Weiteren biete ich (kostenpflichtige) Supervisionen (einzeln oder Teamsupervision) und Coaching für helfende Berufsgruppen an, die mit trans*identen (transgender, transsexuellen, diversen, nicht binären, genderfluiden) Personen arbeiten, etwa für Pädagog*innen, Psychotherapeut*innen, Psycholog*innen, Ärzt*innen und Gutachter*innen. Die Supervisionen sind auch online möglich. Viele Psychotherapeut*innen und Gutachter*innen sind sich unsicher, wie sie mit trans*Personen und der Geschlechtsidentität von Menschen arbeiten und therapeutisch vorgehen sollen und lehnen dann trans*idente und non-binäre Menschen ab. Unter Umständen liegt dies daran, dass trans*Personen oft gar keine klassische Psychotherapie benötigen, da es ja nicht um die Heilung von Symptomen oder einer psychischen Erkrankung geht, sondern vielmehr um eine aktive Unterstützung auf dem Weg der Transition und der persönlichen Entwicklung.
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