Mag. Florian Friedrich, BA
Psychotherapeut (Existenzanalyse)
Mail: florian.friedrich@psychotherapie-salzburg.de
Adressen: Innsbrucker Bundesstraße 47
und Fürstenallee 9
5020 Salzburg
Österreich
Mag. Florian Friedrich, BA
Psychotherapeut (Existenzanalyse)
in Salzburg / Hamburg
Wichtig: Ich kann erst ab Anfang Februar 2025 wieder freie Plätze und Erstgespräche anbieten.
Dieser Artikel thematisiert satanistische Verschwörungstheorien und Urbane Legenden zu ritualisierter Gewalt, die in der Psychotherapie-Szene noch immer verbreitet sind und zu Leid und Kummer bei Patient*innen und deren Angehörigen führen. Verschwörungstheorien verursachen großen Schaden, mitunter spalten sie ganze Familien.
Gefährlich ist die Ideologie der Rituellen Gewalt deshalb, weil sie sich selbst Unfehlbarkeit zuschreibt. Sie setzt sich selbst in eine allmächtige, allwissende und unangreifbare Position und urteilt über andere Psychotherapeut*innen und Menschen, welche das Verschwörungsnarrativ kritisch in Frage stellen.
Dokumentation von SRF zu False-Memory in der Traumatherapie:
In dieser sehenswerten Dokumentation wird uns vor Augen geführt, wie rasch dualistische, spaltende und paranoide Realitätsverzerrungen auch Psychotherapeut*innen, Psychiater*innen und professionelle Helfer*innen anstecken und vergiften können.
Der Film thematisiert eine in der Traumatherapie verbreitete Verschwörungstheorie in der Schweiz (aber auch im gesamten deutschsprachigen Raum), welche behauptet, dass im Untergrund geheime satanistische Zirkel, Eliten und Kulte in grausamen Ritualen Kinder, Jugendliche und Erwachsene quälen, sexuell missbrauchen, vergewaltigen, foltern, opfern und sogar ermorden. Diese Urbanen Legenden kommen ursprünglich aus den USA und sind seit den 1980er Jahren unter dem Schlagwort "Satanic Panic" in Umlauf. Der Filmregisseur Alejandro Amenábar hat sogar einen Hollywood-Film gedreht (REGRESSION, 2015), welcher sich des Themas (leider sehr plakativ und für traumatisierte Personen stigmatisierend) annimmt.
Trotz akribischer Polizeiarbeit gibt es noch immer keinen einzigen Beweis für die Existenz von Kulten, welche in satanistischen Ritualen Tiere, Kinder und Erwachsene sexuell missbrauchen oder ermorden.
Von den Verschwörungstheoretiker*innen wird jedoch gerade hier mit dem logischen Fehlschluss argumentiert, dass genau dieser ausstehende Beweis die Existenz von okkulten Zirkeln bestätige. Damit werden Daten und Fakten nicht nur ignoriert, sondern auch in das paranoide Weltbild der Verschwörungstheoretiker*innen eingebaut und damit verdreht. Bei den Patient*innen wird ein False-Memory-Syndrome erzeugt.
Bei einem False-Memory-Syndrome handelt es sich um subjektive, persönliche Erinnerungen, die nichts oder nur teilweise mit der erlebten Realität zu tun haben. Darunter fallen auch Pseudoerinnerungen. Erinnerungen an erlebte Ereignisse werden nachträglich modifiziert und verändert. Dieser Prozess geschieht oft ganz unbewusst, kann aber auch durch Fremdsuggestionen und Manipulationen von Therapeut*innen und Helfer*innen beeinflusst werden, vor allem dann, wenn diese selbst an die Verschwörungsnarrative glauben.
Für sämtliche Verschwörungstheorien und Urbane Legenden zu satanistischem, magischem, rituellem Missbrauch gibt es bis heute keine Beweise und keinerlei Belege. Verschwörungstheoretiker*innen behaupten jedoch, dass es eben deshalb keine Beweise gebe, weil die Politik, die Justiz, die Exekutive und hochrangige, einflussreiche und wohlhabende Lobbyisten und Persönlichkeiten die geheimen Zirkel vertuschen würden. Es handele sich um eine großangelegte Verschwörung, um eine Parallelwelt mitten unter uns, der mindestens 1000 Menschen zum Opfer gefallen seien.
Auch hier sehe ich übrigens wieder Parallelen zu Horrorfilmen wie HOSTEL oder zur Horrorliteratur von H.P. Lovecraft - offensichtlich scheinen auch die Anhänger*innen der absurden und hysterisch-dramatisierten Verschwörungstheorien durch die Mythen und modernen Legenden der Populärkultur, welche mit unseren paranoiden Ängsten spielen, stark beeinflusst zu sein.
Es sei gerade ein Beweis und ein Beleg für die Existenz von satanistischen Kulten, dass es keine Beweise gibt, da die Vertuschung so gut funktioniere. Mit diesem Totschlagargument sind auch keine Diskussion und kein wissenschaftlicher Diskurs mehr möglich.
Doch verhält es sich in der Wissenschaft gerade umgekehrt: Umso abstruser eine Verschwörungserzählung ist, umso größer und vehementer müssen wir Beweise für diese Verschwörungstheorie einfordern.
Es ist ein logischer Trugschluss, real existierende Opfer, wie etwa Natascha Kampusch, als Beleg für die Existenz von satanistischen Kulten oder Verschwörungen heranzuziehen. Die deutsche Kriminalpsychologin Lydia Benecke bringt dies pointiert zum Ausdruck, wenn sie sagt:
"Nur weil es Flugzeuge und Hubschrauber gibt, ist das kein Beleg dafür, dass uns Außerirdische mit UFOs besuchen.“
Man kann eben Tatsachen und Belege nicht mit einem nicht-nachgewiesenen bzw. sogar widerlegten Konstrukt bunt vermischen.
Das Verschwörungsnarrativ macht rasch jede wissenschaftliche Argumentation mit den Vertreter*innen dieser Verschwörungstheorien unmöglich. Denn wer mit Daten und Fakten gegen diese Mythen und Märchen argumentiert, der gilt dann auch schnell als Täter*in, der/die die Vertuschung aufrecht erhalte, oder er/sie wird als Täter*innen-loyal oder des Victim-Blamings bezichtigt, was ich selbst auf einer Online-Plattform durch eine andere Psychotherapeutin und Verschwörungstheoretikerin gerade erleben musste.
Dies führt vor Augen, dass professionelle Helfer*innen, welche ihren Patient*innen falsche Erinnerungen einpflanzen und suggerieren, hier dem sehr ähnlich werden, was sie fanatisch bekämpfen. Sie bewegen sich selbst in einer Bubble, die an einen geschlossenen Zirkel bzw. einer Subkultur oder Sekte erinnert.
Danke an Robin Rehmann und Ilona Stämpfli für ihre gute, aufdeckende journalistische Arbeit und die hohe Qualität der Beiträge.
Erschütternd ist, dass auch namhafte und bekannte Psycholog*innen, Psychiater*innen und Psychotherapeut*innen diese hysterischen (im Sinne von dramatisierten) Verschwörungstheorien vertreten (in Deutschland etwa Michaela Huber) und ihre Patient*innen unbewusst manipulieren, sodass bei diesen ein False-Memory-Syndrome entsteht. Dabei kommt es zu Pseudoerinnerungen bzw. falschen Erinnerungen an die Kindheit. Die Patient*innen "erinnern" sich dann aufgrund des psychischen Missbrauchs und der Suggestionen der Helfer*innen an sexuelle Gewalt, an Opferungen von Babys und Kindern, an das Trinken von Menschenblut, an Satanskulte, Rituale im Untergrund u.v.m.
Dabei handelt es sich um eindeutige Behandlungsfehler von Psychiater*innen, Psychotherapeut*innen und ganzen Traumastationen, da diese immer ergebnisoffen und phänomenologisch arbeiten sollten.
Zudem können wir davon ausgehen, dass viele unserer Patient*innen bereits von Satanssekten gelesen oder gehört haben. Auch etliche Horrorfilme, wie z.B. ROSEMARIES BABY, THE WICKER MAN, DAS OMEN, DIE NEUN PFORTEN, HOSTEL, THE REAPING, THE LORDS OF SALEM etc. thematisieren rituelle Gewalt. Somit sind diese Urbanen Legenden in unserem kollektiven Unbewussten weit verbreitet und labile, traumatisierte und dissoziierende Patient*innen sind umso empfänglicher für derartige Märchen, Legenden und Verschwörungstheorien, wenn ihre Psychotherapeut*innen selbst daran glauben und dementsprechend suggestiv behandeln.
Im sehenswerten Kulthorrorklassiker ROSEMARIES BABY (OT: ROSEMARY'S BABY, Regie: Roman Polański, 1968) wird die junge Rosemary Woodhouse Opfer von kultischer, ritueller und schwerer sexueller Gewalt einer Satanssekte bzw. eines Hexenzirkels. Sie wird dabei völlig isoliert, gegaslightet, bekommt Schweigegebote auferlegt, wird erpresst und niemand glaubt ihr. Sie ist umgeben von einem einflussreichen, mächtigen und konspirativen Netzwerk an Täter*innen, darunter auch ihr Ehemann, welche alle ihr Erleben und ihr Leid vertuschen - ein klassisches Verschwörungsnarrativ.
Das False-Memory-Syndrome und ein kritisches Aufdecken von Verschwörungstheorien stellen dabei nicht infrage, dass
Täter*innen Netzwerke und organisierte Gewalt bleiben jedoch auf Dauer meist nicht unentdeckt und fliegen irgendwann auf. Je größer dabei ein Täter*innennetzwerk oder organisierte Gewalt ist, desto wahrscheinlicher werden sie aufgedeckt.
Plakative Verschwörungstheorien und Urbane Legenden rund um Satanskulte sind hingegen eine hysterische (überdramatisierende) ausagierte Gegenübertragung auf komplexe Traumata, Traumafolgestörungen und Dissoziative Identitätsstörungen von Patient*innen, die bei den Betroffenen und deren Familien großen Schaden anrichten.
Hier drängt sich mir der Eindruck auf, dass manche Helfer*innen um jeden Preis die "Guten" sein möchten und dabei selbst sehr stark zwischen guter und schlechter Therapie spalten, ganz nach dem Motto: "Wer nicht für mich ist, ist gegen mich."
Narzisstische Helfer*innen agieren oft mit den Wünschen nach Regression ihrer Patient*innen mit und suchen dann nach Sündenböcken, auch dort, wo objektiv keine zu finden sind. So entstehen dann regressive Narrative, in der die Welt zu einem Ort des Missbrauchs, der Vertuschung, der kultischen Rituale, der geheimen Eliten und des Verschweigens wird. Sogar die Justiz und die Gewaltenteilung werden mitunter in Frage gestellt.
Dabei sehen regredierende Helfer*innen die eigene Verführbarkeit und ihren eigenen Missbrauch nicht mehr. Sie erschaffen in Narrativen Satanistische Kulte, geheime Eliten, "Dämonen" sowie Vertuschungsskandale und machen auf diese Weise ihre schutzbefohlenen Patient*innen noch abhängiger von ihrer fragwürdigen Hilfe.
Missbräuchlichen Therapeut*innen erklären sich selbst zu idealen Retterfiguren, Über-Helfer*innen und Kämpfer*innen gegen Schurken und Bösewichte (meist Eltern und Angehörige), welche sie mitunter erfinden, die sie aber in ihrer eigenen Psychodynamik unbedingt benötigen.
Spaltung ist auch für Therapeut*innen kurzfristig immer leichter, angenehmer und narzisstisch-bestätigender als eine langjährige Traumatherapie, die oft Millimeterarbeit bedeutet und mit schwierigen, komplexen Entwicklungsprozessen der Patient*innen verbunden ist. Sie erfordert von uns Helfer*innen Geduld und ein hohes Maß an Frustrationstoleranz und an aushalten-Können.
Unter "Gegenübertragung" versteht man in der Psychotherapie die emotionalen, kognitiven und physischen Reaktionen und Resonanzen des Psychotherapeuten/der Psychotherapeutin auf das Gegenüber, d.h. auf den Patienten/die Patientin. Schildert etwa eine Patientin schwere sexuelle Übergriffe, so kann das im Psychotherapeuten Gefühle von Ekel, Angst, Hilflosigkeit, aber auch Aversion, Hass, Enge und Anspannung hervorrufen. Der Therapeut fühlt sich auf einmal haltlos, geht sich selbst verloren und traut seiner Wahrnehmung und seinem Erleben nicht mehr (hysterische Gegenübertragung). Kognitiv ertappt sich der Therapeut dabei, die Welt in Gut und Böse, in Schwarz oder Weiß zu spalten.
Die Gegenübertragung ist ein dynamisches Geschehen in der Beziehung zwischen Psychotherapeut*in und Patient*in. Konstruktiv genutzt gibt sie dem Therapeuten/der Therapeutin hilfreiche Hinweise über das Unbewusste des Patienten/der Patientin und ist damit ein wesentliches Diagnostikum. Wenn die Gegenübertragung nicht reflektiert, sondern ausagiert wird, dann kann sie dem Patienten/der Patientin jedoch schaden.
Schön wird in der Dokumentation von SRF auch die Spaltung sichtbar. Spaltungsprozesse, d.h. die Welt nur noch in Gut oder Böse zu erleben, sind grundsätzlich eine völlig gewöhnliche Gegenübertragung auf Traumatisierungen, gehören aber reflektiert, damit ein konstruktiver Umgang damit gefunden werden kann. Dann lässt sich diese Gegenübertragung auch konstruktiv und diagnostisch nutzen.
In mir löst die Debatte und Dokumentation Wut, Angst und Empörung aus, mitunter auch Hilflosigkeit, aber auch eine gewisse perverse Faszination für die an Horrorfilme erinnernden Verschwörungstheorien und Urbanen Legenden (Satanismus, unterirdische Tunnel, Pforten, die in Kellergewölbe führen, Masken, das Opfern von Menschen und Tieren, Bluttrinken, Brandopfer). Mein Impuls ist es, mich auf eine Seite zu schlagen und mit einer dualistischen inneren Haltung mitzuagieren. Dabei würde ich dann selbst übergriffig und überengagiert werden.
Propagandavideo für Verschwörungsnarrative von "DIE KINDERSCHUTZZENTREN":
In diesem Kurzfilm werden Urbane Legenden und Verschwörungsgeschichten zu ritueller und organisierter Gewalt weiterverbreitet, gefördert von öffentlichen Mitteln und Steuergeldern, dem deutschen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Update vom 17. September 2023: Mittlerweile distanziert sich das BFMSFJ ausdrücklich von diesem Erklärvideo und hat die Organisation gebeten, das Video aus dem Netz zu nehmen. Darum ist dieses Video nicht mehr abrufbar.
Die in der Dokumentation interviewten Psychotherapeut*innen und Psychiater*innen sind Lehrbuchbeispiele und Warnungen an uns als Psychotherapeut*innen, dass professionelle Helfer*innen immer gefährdet sind, zu regredieren, die Realitätsverzerrungen ihrer Patient*innen zu übernehmen und dabei selbst unbewusst zu reinszenieren, zu agieren oder missbräuchlich und psychisch gewaltvoll zu werden. Damit werden die Helfer*innen-Blasen, welche dem Verschwörungsnarrativ anhängen, selbst dem ähnlich, was sie zu bekämpfen glauben und handeln spaltend und sektiererisch.
Professionelle Helfer*innen, die an die Verschwörungstheorien der satanistischen rituellen Gewalt glauben, bewegen sich zu sehr in ihrer Blase und erleben keine Korrektur ihres paranoiden Weltbildes mehr bzw. wehren sie diese ab. Sie schaden dadurch ihren Patient*innen, weil sie Gaslighting betreiben. Die Thematik zeigt auf, wie wichtig lebenslange Supervision ist und wie sehr Traumen anstecken können.
Therapeut*innen, die von ihren Patient*innen, Schüler*innen und der medialen Öffentlichkeit idealisiert werden, bekommen zudem Macht. Genau diese Macht gefährdet nun die idealisierten Therapeut*innen. Denn Macht ist eine Verführerin zum Missbrauch. Wer Macht hat, missbraucht diese gerne. Ich setze dann als Therapeut*in meine Macht nicht mehr zum Wohle meiner Patient*innen ein, sondern für andere Zwecke und Beweggründe.
Therapeut*innen radikalisieren sich dann im Laufe der Zeit immer mehr, sie verlieren jeden inneren Halt, ihre Zentriertheit und Erdung und neigen fortan zur Hysterie, zur Dramatisierung, zum Grenzenlosen, aber auch zum Überschreiten von Grenzen und zu schweren psychischen Übergriffen und Gewalttaten. Sie traumatisieren ihre Patient*innen und deren Familien oft schwer – und das im Namen der Traumatherapie.
Ich spreche niemandem sein Trauma ab, und wir müssen als Psychotherapeut*innen die Traumafolgesymptome und das Leiden unserer Patient*innen immer würdigen und ernst nehmen. Jedoch haben wir zugleich auch sehr phänomenologisch und hermeneutisch vorzugehen, was die Inhalte, Bilder, Assoziationen und Traumafolgesymptome betrifft. Traumaerinnerungen sind lediglich eine Landkarte. Eine Landkarte aber darf niemals mit der Realität, mit Historizität oder Geschichtsschreibung verwechselt werden. "Das ganz normale Böse" (Hannah Arendt) ist schlimm genug, findet meist innerhalb von Partnerschaften und Familien statt, oder in Freikirchen und Sekten, im Menschenhandel, der illegalen Prostitution von Kindern, Menschen und Tieren. Auch gibt es schwere sexuelle Gewalt, die mit Ritualen verknüpft ist.
Das ist heftig, tragisch, verstörend und abgründig, wird meist gar nicht oder viel zu spät erkannt oder verschwiegen, und die Opfer werden nicht selten zu Täter*innen gemacht oder nicht ernst genommen.
ABER: Wie oben erwähnt, gibt es keine Beweise und Belege für eine satanistische Unterwelt oder geheime Zirkel und Kulte, welche Kinder und Erwachsene missbrauchen und umprogrammieren. Es bedarf keiner Verschwörungstheorien, die immer noch eine Ebene an Hysterie und Dramatik daraufsetzen, oder anderer Urbaner Legenden. Anhänger*innen der Verschwörungstheorien schaden mit dem Schüren ihrer Mythen und Narrative unserer therapeutischen Arbeit, die immer einem phänomenologischen und wissenschaftlichen Weltbild verpflichtet ist. Dadurch läuft Psychotherapie Gefahr, nicht mehr ernst genommen zu werden.
Das Verschwörungsnarrativ lenkt außerdem mit seiner Hysterie und Dramatik davon ab, dass es viel psychische, körperliche und sexuelle Gewalt im Alltag gibt. Den Opfern, wenn sie sich überhaupt Hilfe suchen, wird meist ohnehin nicht geglaubt. Das Verschwörungsnarrativ fördert indirekt diesen Unglauben noch zusätzlich.
Supervision sollte uns Psychotherapeut*innen immer eine Haltung der Phänomenologie und Demut vermitteln und uns lehren, dass wir uns unsere Fehler eingestehen dürfen, um daran zu wachsen und uns an ihnen weiterzuentwickeln. Sie soll eine gute Fehlerkultur und gesunde Kultur des Scheiterns fördern, da auf diese Weise verhindert werden kann, dass Psychotherapeut*innen, Psycholog*innen und Psychiater*innen zu Superhelfer*innen mutieren, die eigene Fehler und Abwehrmechanismen gar nicht mehr erkennen, sondern stattdessen im Außen den Missbrauch bekämpfen.
Angehörige, Väter und Mütter werden durch missbräuchliche Therapeut*innen als Täter*innen abgestempelt. Diese Angehörigen müssen umgehend gesellschaftlich, juristisch und finanziell rehabilitiert werden. Die übergriffigen Therapeut*innen müssen juristisch in die Verantwortung genommen werden, Schadenersatz leisten oder suspendiert werden.
von den deutschen Krankenkassen bezahlt, vom deutschen Gesundheitssystem unterstützt
Die Traumatherapeutin Michaela Huber ist davon überzeugt, dass es generationenübergreifende geheime Netzwerke gebe, welche ihre Opfer durch Manipulationen und bewusste Traumatisierungen ("Mind Control Theorie") kontrollieren. U.a. aus diesem Grund wurde Frau Huber auch für den goldenen Aluhut nominiert.
Dies ist bedauerlich, da Frau Huber sehr wertvolle und hilfreiche Ansätze und Methoden für eine wissenschaftlich fundierte Traumatherapie entwickelt hat und das noch immer tut, und da wir ihr in der modernen Traumatherapie viel verdanken. Aber sie hat sich eben in ihrer Blase radikalisiert, so wie das auch viele Sekten, Kulte und Freikirchen tun (Gegenübertragung).
Frau Huber wird von ihren Anhänger*innen geradezu idealisiert: Sie habe bereits einige Verschwörungen aufgedeckt. Ihre Narrative sind weit verbreitet und werden meist gar nicht hinterfragt.
Neben Michaela Huber als deutscher Protagonistin der Urbanen Legenden und Gruselmärchen verbreiten auch noch die selbst ernannten Expertinnen und Psychotherapeutinnen Jutta Stegemann und Brigitte Bosse die Verschwörungstheorien des kultischen oder satanistischen Missbrauchs, freilich ohne jede Evidenz.
Die deutschen Behörden, Krankenkassen und beruflichen Ethikkommissionen sind an dieser Stelle aufgerufen, die betroffenen "Expertinnen" in ihre Schranken zu weisen. Ansonsten machen sie sich durch Wegsehen zu Mittätern auf struktureller Ebene. Jedes passive Erdulden der Manipulationen eines False-Memory-Syndroms und des psychischen Missbrauchs von Patient*innen vonseiten dieser Traumatherapeutinnen ist Mittäterschaft (siehe unten).
Denn psychischer Missbrauch und Manipulationen von Patient*innen und Gewalt gegenüber deren Angehörigen dürfen miemals von den Krankenkassen finanziert und vom Gesundheitssystem mitgetragen werden.
Frau Huber postuliert, dass Täter*innen in organisierten Milieus ihre Opfer gezielt spalten und bei Kindern und Opfern bewusst täterloyale Persönlichkeitsanteile und Teilidentitäten schaffen. Diese Spaltung finde ganz gezielt statt, wie eine klassische Konditionierung.
Laut Michaela Huber gäbe es Hunderte Opfer, und ein Prozent der Gesamtbevölkerung hätte eine Dissoziative Identitätsstörung, eine Zahl, die von ihr viel zu hoch angegeben ist. Die Dissoziative Identitätsstörung ist nämlich extrem selten und bewegt sich im Promillebereich. Aber es lassen sich eben überall selbst versteckte Ostereier finden. Da werden mal Zahlen und Daten hoch nach oben geschraubt oder neue Krankheitsbilder erfunden. Der/die Therapeut*in hat halt immer recht.
Rede ich meinen Patient*innen als Therapeut*in suggestiv ein, dass sie programmiert, trainiert oder abgerichtet seien und fremdgesteuert werden, dann werde ich selbst zum Täter.
Als in den USA die Satanic Panik gerade kritisch aufgearbeitet und als Verschwörungsnarrativ enttarnt wurde, hat Michaela Huber erst ihre Verschwörungstheorie im deutschsprachigen Raum verbreitet und das völlig blind und ohne gesunden und kritischen Abstand. Es gibt hierfür keine Entschuldigung oder Rechtfertigung, da Huber die treibende Kraft hinter den paranoiden Urbanen Legenden zur rituellen Gewalt ist.
Übrigens: Das explizite Wissen, dass ich rituelle, kultische oder satanistische Gewalt erlebt habe, wird ohnedies nichts an meinem Leben und an meinen Traumafolgesymptomen ändern, sondern nur die Arbeit an meiner Selbstregulierung und an meinen Bindungsmustern.
Bei Dissoziativen Identitätsstörungen handelt es sich um einen Selbstschutz unserer Psyche, die Persönlichkeitsanteile abspaltet, damit die schwer traumatisierte Person psychisch überlebt. Jedoch lassen sich Menschen durch Dissoziationen nicht bewusst steuern, kontrollieren und programmieren (genau dies behauptet die so genannte „Mind-Control-Theorie“). Auch lassen sich Persönlichkeitsanteile nicht vorsätzlich abrichten und fernsteuern. Bei dieser Theorie handelt es sich nicht um Wissenschaft, sondern um Esoterik und Urbane Legenden.
Wissenschaftliche Theorien müssen begründet und auch widerlegt werden können (Falsifikationsprinzip). Zudem gilt in der Wissenschaft das Sparsamkeitsprinzip (auch bekannt als „Ockhams Rasiermesser“), d.h. es ist derjenigen Theorie der Vorzug zu geben, welche am einfachsten, ökonomischsten und plausibelsten ist. Verschwörungstheorien wie die Mind-Control-Theorie weisen viel zu viele Variablen und Hypothesen auf und lassen sich noch dazu nicht empirisch überprüfen.
All dies macht die Mind-Control-Theorie zu einer pseudowissenschaftlichen Verschwörungstheorie.
Der Psychoanalytiker und Autor
Wolfgang Schmidbauer schrieb bereits 1997 über psychischen Missbrauch durch Traumatherapeut*innen und Falsche Erinnerungen.
Er erachtet es als problematisch und narzisstisch, wenn Psychotherapeut*innen an ihre Patient*innen Heilsversprechen geben und ihnen suggerieren, dass ihnen genaue Erinnerungen an ihre Traumen und das Anklagen der Täter*innen immer helfen würden.
Auch kritisiert Schmidbauer Dynamiken, wie sie m.E. bei Michaela Huber gut sichtbar werden, wenn Psychotherapeut*innen keine Distanz mehr zum Opfer haben, selbst wie Opfer (und, so meine Ergänzung, wie Täter*innen) agieren und sich nicht mehr wissenschaftlich verhalten, weil sie zu sehr Partei nehmen.
"Es wird angenommen, dass der den Opfern am besten dient, der ihre Zahlen möglichst hoch einschätzt, ihr Leid möglichst erschütternd darstellt und es auch für besonders folgenschwer erklärt."
(Wolfgang Schmidbauer: Wenn Helfer Fehler machen. Liebe, Mißbrauch und Narzißmus, Reinbek bei Hamburg 1997.)
Schmidbauer kritisiert die suggestive Rückführung zu Kindheitstraumen und bringt auch hier das Verschwörungsnarrativ der Satanskulte ins Spiel. Auch warnt er davor, vorgefasste Meinungen in die therapeutische Arbeit einzubringen und mahnt zur Phänomenologie.
Therapeut*innen, welche Verschwörungstheorien verbreiten, würden laut Schmidbauer die berechtigte und notwendige Traumatherapie und Erinnerungsarbeit in Diskredit bringen.
Patient*innen die gewaltvoll therapiert werden und Menschen, die falsch beschuldigt werden, sind selbst Opfer von verblendeten und radikalisierten Traumatherapeut*innen. Wir müssen uns auch für die falsch beschuldigten Opfer als Gesellschaft einsetzen und sie rehabilitieren.
Als Psychotherapeut fordere ich, diese schwere psychische und emotionale Gewalt, welche von Psychotherapeuten*innen, Psychiater*innen und Psycholog*innen ausgeht, die der Mind-Control-Theorie anhängen und ihre Patient*innen dementsprechend suggestiv manipulieren, aufzuarbeiten – sowohl ethisch als auch juristisch. Eine Nichtaufarbeitung wäre Wegsehen und damit indirekte Mittäterschaft.
Mittäter*innen sind nämlich auch alle, die derartige Traumatherapien unterstützen oder wegsehen, also Systeme wie Institute, Krankenhäuser, Institutionen, Krankenkassen, Gesundheitskassen und Sozialversicherungsträger, aber auch Beamte und Politiker*innen, die sich des Themas nicht annehmen. Auch hier zeigt sich wieder das Typische des Traumas in der kollektiven Gegenübertragung: Es wird weggesehen, co-abhängig mitagiert, ausagiert, ignoriert, verschwiegen, (ab)gespalten die Gewalttaten werden mit einem Schweigegebot belegt.
Therapeut*innen, welche die Verschwörungsideologie vertreten, sollten dringend bei der Ethikstelle gemeldet werden.
Die Bundesstelle für Sektenfragen hat das Thema der rituellen Verschwörungsnarrative und der Mind-Control-Theory als dringendes Anliegen vermerkt. Sollten Sie als Patient*in an einen Psychotherapeuten/eine Psychotherapeutin geraten, der/die ihnen versucht, falsche Erinnerungen zu manipulieren, dann können Sie diese*n bei folgenden Anlaufstellen melden:
Berufsethisches Gremium des ÖBVP
Ethikkommission - Beschwerdestelle
Ethik-Kommission der Psychotherapeutenkammer Hamburg
Davon dürften sich sowohl Michaela Huber und andere Vertreter der satanistischen Verschwörungsnarrative distanzieren. Die Psychotherapeutin im Video behauptet alle Ernstes, dass Bibelzitate der Beweis für satanistische Gewalt seien.
Kinder werden in der Bibel dem Molloch geopfert, dies sei ein satanisches Ritual. Denn „Satan ist der Fürst dieser Welt …. Satanische Rituale sind so was von aktuell“. Madonna und Taylor Swift würden satanische Rituale ausüben und hätten Teufelsohren.
In Österreich würde diese Psychotherapeutin ihre Zulassung verlieren, da eine wissenschaftliche Psychotherapie immer frei von Religion und Ideologie sein muss.
Ich frage mich: Warum diese ganze Hysterie? Traumatisierte Menschen benötigen die Kompetenz der Selbstregulierung und das Erlernen von gesunden Bindungs- und Beziehungsmustern. Erinnerungsarbeit, egal ob diese Erinnerungen wahr oder falsch sind, bringt traumatisierte Menschen keinen Zentimeter weiter.
Zum Abschluss etwas zum Schmunzeln:
Jahn Böhmermann bringt es ironisch auf den Punkt: Theoretisch könnten wir alle von Satanist*innen missbraucht worden sein, weil wir ja dank der Mind Control keine bewussten Erinnerungen daran haben. Mit anderen Worten: die Psychotherapeutin hat immer recht oder "Ich mach mir die Welt, widewide wie sie mir gefällt".
Aber Spaß beiseite: Patient*innen falsche Erinnerungen zu suggerieren ist nicht nur Gruppenwahn und Hysterie, sondern auch Gaslighting und schwere psychische Gewalt. Als Berufsgruppe, die sich einem wissenschaftlichen Weltbild verschreibt, müssen wir uns deshalb klar positionieren und uns vom Verschwörungsnarrativ der satanistischen rituellen Gewalt distanzieren.