Psychische Gewalt: Wie kann ich mich vom Täter lösen?

Florian Friedrich • 12. September 2025

Verinnerlichte Täter*innen und Täter*innen-States

Lebe ich in einer toxischen zwischenmenschlichen Beziehung oder Partnerschaft und werde von meinem/meiner Partner*in chronisch psychisch, körperlich oder sexuell gewaltvoll behandelt, so nehme ich im Laufe der Zeit den/die Täter*in in mein Inneres hinein, ich verinnerliche ihn/sie also.

Es bilden sich dann neue schädliche, maligne oder Täter*innen-loyale Ich-Zustände, die sogenannten „Ego-States“ aus, die ich hier umgangssprachlich als „innere Täter*innen“ oder „Täter*innen-States“ bezeichne. Innere Täter*innen können mich massiv unter Druck setzen, mich mit Angst, Schuldgefühlen, Panik, Ohnmacht und Hass überfluten und mich handlungsunfähig machen. Ich fühle mich dann unsicher, hilflos und stark beeinträchtigt.


Lesen Sie in diesem Beitrag Tipps und Anregungen, wie Sie sich vom (auch verinnerlichten) Täter/von der Täterin lösen können. Ich biete psychologische Hilfe und Traumatherapie an, wenn Ihnen psychische oder sexualisierte Gewalt widerfährt.

Psychische Gewalt: Wie kann ich mich vom Täter lösen?

Innere und äußere Täter*innen

Viele Menschen, die sich aus einer toxischen Partnerschaft gelöst haben, berichten, dass sie in den Wochen und Monaten nach der Trennung noch immer Angst haben, ihrem/ihrer Expartner*in zufällig über den Weg zu laufen, sich im selben Stadtviertel oder in der Nähe des Wohnumfeldes des Täters/der Täterin aufzuhalten. Mitunter entstehen auch qualvolle Fantasien, dass der/die Partner*in in der Nähe sei, beobachte, stalke etc.


Ich beziehe mich in diesem Artikel auf verinnerlichte Täter*innen. Bei realer, äußerlicher Verfolgung, bei Drohungen, bei Stalking und manifester physischer und sexualisierter Gewalt bedarf es im Sinne der äußeren Sicherheit immer auch der strafrechtlichen Verfolgung, d.h. der Exekutive. Ein*e Täter*in, die/der die Grenzen und die rote Linie überschreitet, muss die Konsequenzen seine dissozialen Verhaltens vehement zu spüren bekommen. Wer nicht hören will, muss fühlen, und die Staatsgewalt ist oft das Einzige, was Täter*innen ohne Empathie die Kante gibt und einschüchtert, sodass die Gewalt nicht eskaliert.


Identifikation mit dem Aggressor und Victim-Blaming

Subtiler ist es, wenn wir, wie oben beschrieben, die Täter*innen in unser Inneres hineinnehmen. Diesen Abwehrmechanismus der menschlichen Psyche bezeichnet die Psychoanalyse als „Identifikation mit dem/der Aggressor*in“.

Er stellt einen wichtigen Selbstschutz dar, indem er kurzfristig unser psychisches Überleben sichert: Wenn wir uns mit dem/der Täter*in identifizieren und inneres Victim-Blaming betreiben, dann fühlen wir uns nämlich kurzfristig leichter, handlungsfähiger und weniger ausgeliefert. Auf längere Sicht betrachtet schaden uns diese inneren Täter*innen aber, weil wir dann tatsächlich überzeugt sind, die schlechte, missbräuchliche und vergiftende Behandlung zu verdienen und nicht-liebenswert zu sein.



Was ist "toxisch" bzw. "vergiftend"?

Sobald Täter*innen verinnerlicht werden, spreche ich von „toxisch“ bzw. „vergiftend“. Ohne Verinnerlichung bin ich dagegen, diese Begriffe inflationär zu verwenden.


Ein Beispiel: Mein*e Partner*in manipuliert immer wieder Schuldgefühle, weil er/sie selbst zur Eifersucht neigt und nicht erwachsen-konstruktiv damit umgehen kann, wenn ich mich mit guten Freund*innen treffe. Ich verinnerliche im Laufe der Zeit meine*n eifersüchtige*n Partner*in und es bildet sich ein eifersüchtiger Ich-Anteil (Ego-State) aus. Der Feind ist dann sozusagen in den eigenen Reihen.

Ich habe dann trotz körperlicher und emotionaler Treue Angst und Schuldgefühle, wenn ich mich mit guten Freund*innen treffe, und mein*e eifersüchtige*r Partner*in ist innerlich immer bei mir, spricht abwertend zu mir, macht mir Schuldgefühle und Angst.

Filmtipp: "10 Psychologische Verteidigungsmechanismen"

Die Identifikation mit dem Aggressor ist nur einer von zahlreichen Abwehr- und Selbstschutzmechanismen.


Schutz vor inneren Täter*innen

Wie kann ich mich von inneren Täter*innen distanzieren?

Psychische Gewalt, die wir erst im Erwachsenenalter erfahren, hinterlässt in der Regel keine Traumafolgestörungen. Jedoch kann es zu seelischen Wunden und Verletzungen kommen, die das Leben und zukünftige Partnerschaften belasten und unnötig schwer machen. Es gibt einige wirksame Methoden aus der Traumatherapie und der ACT, der Akzeptanz- und Commitment-Therapie.

Spüre ich etwa Hilflosigkeit, Angst und Schuldgefühle und mein*e innere*r Täter*in ist innerlich ganz nah, dann kann ich mir den/die Täter*in imaginieren bzw. visualisieren. Ich kann mir den/die Täter*in dann kleiner vorstellen oder ihn lächerlich machen.


Fallbeispiel

Frau Z. hat auch Jahre nach der Trennung immer wieder starke Angst vor ihrem brutalen Expartner, der sie vergewaltigt und sie dann beschuldigt hat, dass sie die schwere sexuelle Gewalt doch auch selbst gewollt habe. Als sie sich das innere, belastende Bild dieses Mannes aus der Distanz vorstellt (sie macht dazu das innere Bild ganz klein und legt es dann mittels der Methode der Visualisierung auf den kleinen Bildschirm eines Smartphones) verwandelt sich ihre Emotion von Angst und Schuldgefühlen zu Wut und Empörung. Sie stellt sich nun vor, wie die Polizei den Täter festnimmt, ihn zu Boden drückt, ihn demütigt und ihn dann an den Pranger stellt. Zudem muss der Täter einen Badeanzug und Schwimmflügel tragen. Menschen, die vorbeigehen, bewerfen den Täter mit faulen Tomaten, bespucken ihn oder kotzen ihn an.

Diese Imagination verschafft Frau Z. Entlastung, Erleichterung und innere Sicherheit. Zugleich macht Frau Z. die wertvolle Erfahrung, dass sie die Kompetenz in sich trägt, innere bedrohliche Bilder des Täters kleiner zu machen und zu entgiften. Auch erlebt sie inzwischen, dass sie berechtigte Wut und Empörung spürt, weil ein anderer Mensch so gewalttätig mit ihr umgegangen ist und lernt noch dazu, dass ihre Wut Raum hat und sie konstruktiv (mittels Imagination) mit ihrer Wut und ihrem Bedürfnis nach Rache und Vergeltung umgehen kann. Die Wut hilft ihr zudem, ihren Selbstwert besser zu spüren und macht die vom Täter manipulierten Schuldgefühle erträglicher. Frau Z. erfährt nun, dass sie selbstwirksam ist und über innere Stärken und Ressourcen verfügt, welche ihr vorher zu wenig bewusst waren.


Entgiftung nach psychischer Gewalt braucht viel Zeit

Imaginationen, Visualisierungen, Rachefantasien u.v.m. sind alles gute und wesentliche Bausteine, wenn es darum geht, sich von inneren Täter*innen zu entgiften. Allerdings handelt es sich bei diesen Methoden nicht um Allheilmittel, sondern es bedarf eines Prozesses aus Zeit, innerem und äußerem Halt sowie innerer und äußerer Sicherheit. Dabei ist auch Geduld gefragt, denn es kann schon ein Jahr dauern, bis die seelische Wunde sich vom Gift gereinigt hat. Auch psychologische Hilfe, Beratung, Begleitung und Psychotherapie können sehr sinnvoll sein, weil ein professionelles Gegenüber Hilfestellung, Entlastung, Zeugenschaft und methodische Kompetenzen anbieten kann.


Wie kann ich mich vom/von der Täter*in lösen?

Wege und Methoden, um sich von belastende inneren Bildern und inneren Täter*innen zu lösen sind:

  • die Erinnerung an schöne, sichere Zeiten
  • die Vorstellung meines Lieblingsortes oder Wohlfühlortes, an dem ich mich ganz sicher und geborgen fühle
  • der Gedanke an all jene Menschen, die mich lieben, annehmen und unterstützen
  • die Imagination innerer Helfer*innen und Beschützer*innen
  • die Bildschirmmethode, mittels derer ich mir innere Täter*innen und belastende Erinnerungen wie auf einem kleinen Bildschirm vorstelle
  • das Rescripting: Ich schreibe dabei eine belastende, gewaltvolle Erinnerung zu einer positiven Fantasie um (etwa indem ich den/die Täter*in bestrafe, demütige, ihn/sie verprügle, ihm/ihr meinen Ekel ins Gesicht speie, ihn/sie zur Verantwortung ziehe oder andere innere Helfer*innen das für mich tun).
  • die inneren Täter*innen laut oder innerlich anzuschreien
  • Gefühlen wie Wut, Empörung, Angst, Schuldgefühlen Raum zu geben und diese Emotionen radikal zu akzeptieren
  • Impulsen nach Vergeltung, Rache am/an der Täter*in Raum zu geben und dann nach einem konstruktiven Umgang mit diesen Impulsen zu suchen
  • einen Brief der Empörung und der Wut an den/die Täter*in zu schreiben, den ich dann in der Regel nicht absende. Manchmal kann dies allerdings im Einzelfall sehr wohl sinnvoll sein, wenn ich etwa nach emotionalem Missbrauch langfristig das Gefühl habe, dass ich es mir selbst und dem/der Täter*in schuldig bin.

Film: "Tatort Beziehung: häusliche Gewalt"

Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt haben in Österreich über den Opferschutz die Möglichkeit, einen kostenlosen Therapieplatz bei mir zu bekommen.

Priester und Seelsorger*innen - Coaching und Supervision
von Florian Friedrich 18. November 2025
Existentielles Coaching und Supervision für Theolog*innen in Salzburg, Wien und Hamburg Priester, Pfarrer*innen, Theolog*innen und Seelsorger*innen haben viel Verantwortung in ihrem Dienst. Sie leisten wichtige zwischenmenschliche Arbeit und sind mit dem Leid ihrer Mitmenschen konfrontiert. Dies kann eine gesunde Herausforderung, manchmal aber auch eine Überlastung sein. Zudem bringen Theolog*innen ihre eigene Persönlichkeit und Berufung stark in ihren Dienst mit ein. Darüber hinaus sind sie den Strukturen ihrer Kirche und Glaubensgemeinschaft unterworfen und müssen sich mit veränderten Rahmenbedingungen, wie etwa Priester- und Seelsorger*innenmangel auseinandersetzen. Auch eigene biografische Wunden, Erfahrungen oder Traumen können die Arbeit belasten. Die berufliche Arbeit ist in der Regel vielschichtig und komplex. Es gibt unterschiedliche, manchmal auch widersprüchliche berufliche Rollenerwartungen und Aufträge, die reflektiert werden sollten. Manchmal fühlen sich Mitarbeiter*innen im kirchlichen Bereich dadurch verwirrt oder hilflos. Darunter leiden die Qualität ihrer Arbeit und die berufliche Zufriedenheit. Ich biete Supervision und Coaching Vorort in Salzburg an. In Wien und Hamburg komme ich gerne in Ihre Einrichtung. Auch online-Supervisionen und online-Coachings sind bei mir möglich. Ich selbst habe katholische Theologie als Unterrichtsfach studiert und abgeschlossen.
Lehrer*innen - Coaching und Supervision
von Florian Friedrich 18. November 2025
Einzel-, Gruppen- und Teamsupervision in Salzburg / Wien / Hamburg Für viele Lehrer*innen stellt besonders der Einstieg in den Beruf eine hohe Herausforderung dar. Nicht wenige haben sogar einen regelrechten Praxisschock. Doch auch erfahrene und langjährige Lehrer*innen geraten immer wieder an ihre Grenzen, etwa wenn sie Schüler*innen mit ADHS oder schweren psychischen Erkrankungen unterrichten. Zudem sind die Rollenerwartungen vonseiten der Eltern, der Schüler*innen, der Kolleg*innen, der Politik und der Gesellschaft höchst unterschiedlich, ambivalent und widersprüchlich. Des Weiteren werden Lehrer*innen in den Medien und von der Öffentlichkeit oft in einem sehr negativen Licht dargestellt. Es gibt viele Vorbehalte und Vorurteile gegenüber Lehrer*innen, und die Profession des Lehramtes genießt heute nur mehr wenig Prestige. Viele Lehrer*innen fühlen sich mit ihren beruflichen Schwierigkeiten alleine und im Stich gelassen, da es noch immer kein gutes Mentoring gibt. Als studierter Lehrer und Pädagoge kenne ich die spezifischen Probleme und meine eigenen Grenzen in Schulklassen. Ich biete Coaching und Supervision (Einzel-, Gruppen- und Teamsupervision) für Lehrer*innen an. Gerne auch online. Falls es Ihnen psychisch schlecht geht, gibt es bei mir auch die Möglichkeit der Psychotherapie.
Sex und Sexualitäten - Supervision für Helfer*innen
von Florian Friedrich 18. November 2025
Supervision für Pädagog*innen, Psychotherapeut*innen und Psycholog*innen in Salzburg / Wien / Hamburg Alle Menschen, die professionell, psychologisch und pädagogisch mit Menschen arbeiten, haben es früher oder später mit der Sexualität ihrer Klient*innen und Patient*innen zu tun, seien es Kinder, Jugendliche, Erwachsene oder alte bis hochb etagte Personen. Dabei stoßen wir manchmal auch an unsere eigenen Grenzen und werden mit unserer eigenen Sexualität konfrontiert. Coaching und Supervision können Ihnen helfen, kompetent und professionell mit der Sexualität Ihrer Schutzbefohlenen umzugehen. Ich bin Sexualtherapeut und Psychotherapeut mit dem Schwerpunkt Körperpsychotherapie und Trauma in Salzburg und Hamburg. In diesen Städten sowie in Wien komme ich auch gerne in Ihre Organisation oder Einrichtung. Des Weiteren sind auch online-Supervisionen und online-Coachings möglich. Ich biete sowohl Team- als auch Einzelsupervisionen an.
Frauen und HIV – Psychologische Hilfe in Salzburg / Hamburg
von Florian Friedrich 18. November 2025
Beratung und Unterstützung in Salzburg / Hamburg Frauen, die mit HIV infiziert sind, sehen sich mit spezifischen Schwierigkeiten, Stigmatisierungen und Herausforderungen konfrontiert, die Männer so nicht erleben müssen. Verhütung, Schwangerschaft und Stillen stellen wichtige Themen für sie dar. Heute ist es ja möglich, dass HIV-positive Frauen ihre K inder auf natürlichem Weg (ohne Kaiserschnitt) gebären und stillen können. Der Grund dafür liegt darin, dass Menschen HIV nicht mehr weitergeben können, wenn sie die medikamentöse HIV-Therapie konsequent einnehmen. Eine Mutter ist dann nicht mehr ansteckend für ihr Kind. Ich biete psychologische Hilfe und Psychotherapie an, wenn Sie als Frau unter Ihrer HIV-Infektion seelisch leiden oder Stigmatisierungen erleben müssen. In Zusammenarbeit mit der Aidshilfe Salzburg kann ich im Bundesland Salzburg kostenlose Psychotherapieplätze für Menschen anbieten, die ein geringes Einkommen haben.