Mag. Florian Friedrich, BA
Psychotherapeut (Existenzanalyse)
Mail: florian.friedrich@psychotherapie-salzburg.de
Adressen: Innsbrucker Bundesstraße 47
und Fürstenallee 9
5020 Salzburg
Österreich
Mag. Florian Friedrich, BA
Psychotherapeut (Existenzanalyse)
in Salzburg / Hamburg
Wichtig: Ich kann erst ab Anfang Februar 2025 wieder freie Plätze und Erstgespräche anbieten.
Obwohl HIV heute eine gut zu behandelnde Krankheit ist, die Betroffenen eine durchschnittliche Lebenserwartung haben und bei konsequenter Einnahme der HIV-Therapie (HAART) das Immunschwächevirus nicht mehr auf andere übertragen können, haben viele Personen noch immer existentielle Ängste wegen der Infektion und reagieren auf körperlicher und psychischer Ebene mit Todesangst, wenn sie ein HIV-positives Testergebnis erhalten.
Erfahren Sie in diesem Artikel, was sie als Ärzt*in oder Berater*in beachten können, um die Diagnose HIV-positiv möglichst kompetent mitzuteilen.
Menschen assoziieren HIV nach wie vor mit Sterben, Tod und massiver Bedrohung. Dies ist seit Jahrzehnten in unserem kulturellen Gedächtnis gespeichert. Aufgrund der hohen Todes- und Sterberaten und des schlechten gesellschaftlichen Umgangs mit HIV in den 1980er und 1990er Jahren können wir HIV als ein kollektives Trauma betrachten. In der Trauma-Forschung gilt mittlerweile als gesichert, dass kollektive und transgenerationale Traumen bis zur achten Generation fortdauern können und zu gesellschaftlichen Schäden und Symptomen führen. Dies stellt an uns als professionelle Helfer*innen die Aufgabe, möglichst gut, entspannt und konstruktiv mit dem kollektiven Trauma HIV umzugehen.
Das Mitteilen von Infektionen mit anderen sexuell übertragbaren Infektionen (STI) kann zwar auch starke Schamgefühle bei unseren Patient*innen / Klient*innen triggern, die wir durch Ruhe und Zugewandtheit gut regulieren können. Allerdings habe ich es noch nicht erlebt, dass Klient*innen / Patient*innen dabei von Angst überflutet werden, weshalb ich mich in diesem Artikel auf das Thema HIV beschränke. Sollten andere STIs jedoch Todesangst bzw. existentielle Ängste auslösen, so gilt selbstverständlich dasselbe, was ich in diesem Beitrag zu HIV schreibe.
Erleben wir etwas als Bedrohung, so reagiert unser Stammhirn innerhalb von Millisekunden (also viel schneller als unsere kognitive Verarbeitung) völlig unwillkürlich mit Angst und Stress und veranlasst, dass Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet werden, dass unser Puls und Blutdruck ansteigen, wir flacher atmen, unsere Muskulatur anspannen, und sich unser Körper auf Kampf, Flucht oder Freeze vorbereitet.
Zugleich wird ein zweites System aktiviert, das viel langsamer ist, nämlich die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse). Dieses System aktiviert das Ausschütten des Stresshormons Cortisol durch die Nebennierenrinde. Gerade dieses Stresshormon agiert als eine „Stressbremse“, d.h. es kommt zu einer dauerhaften zu starken Stressreaktion.
Sind Menschen derart gestresst, so sind sie in Beratungssituationen nach dem Erhalt der Diagnose HIV nicht mehr durch Kognitionen und durch kognitive Inhalte, wie etwa die Botschaft, dass HIV heute nicht mehr gefährlich ist, zu erreichen. In der Regel schalten sie auf Durchzug, d.h. sie nicken zwar und stellen Fragen, können aber den Inhalt unserer kognitiven Botschaften nicht mehr verarbeiten und abspeichern, weil sie in die sympathische Übererregung oder in die parasympathische Untererregung fallen.
Nicht alle Menschen geraten in eine derartige Übererregung bzw. Untererregung. Hier kommen dann kognitive Inhalte und Botschaften gut an.
Wenn jemand jedoch, wie oben beschrieben, in einen derartig körperlichen und psychischen Ausnahmezustand fällt, dann kann er kognitive Inhalte nicht mehr aufnehmen. Dies ist von außen nicht immer klar und deutlich zu erkennen, denn oft stellen die Betroffenen Fragen, nicken und scheinen zuzuhören.
Folgende Strategien, Haltungen und Verhaltensweisen können Ihnen dann als Berater*in oder Ärzt*in helfen:
Des Weiteren können Ihnen folgende Fragen aus der Hypnotherapie und dem Embodiment helfen. Diese Fragen können Sie im Konjunktiv formulieren, um perfektionistische Ansprüche und Leistungsdruck hintanzustellen.
Das Hauptproblem ist, dass viele Ärzt*innen und Berater*innen unter großem Zeitdruck stehen und überfordert sind, negative Nachrichten zu überbringen.
Manche Helfenden übernehmen auch die Gefühle ihrer Patient*innen und Klient*innen und können diese nicht mehr von den eigenen unterscheiden. In diesem Fall ist es beinahe unmöglich, dem Gegenüber in seiner Not Halt, Sicherheit und Containment anzubieten. Wie würde es etwa Ihnen gehen, wenn Sie weinen und Ihr*e Berater*in weint genauso viel wie Sie?
Selbstredend kann es passieren, dass auch Ihnen Tränen kommen, wenn Sie sich empathisch auf Ihr Gegenüber einlassen. Mir selbst passiert das relativ häufig. Ich thematisiere dies, indem ich etwa sagen: "Ihre Situation berührt mich sosehr, dass mir gerade eine Träne gekommen ist. Das zeigt mir, wie schwer Sie es haben."
Manche Helfer*innen reagieren auch mit spezifischen Abwehrmechanismen, wie etwa Beschwichtigen, Verleugnen, Rationalisieren oder die Flucht in intellektuelle Sachlichkeit, das Vermeiden eines längeren Gesprächs u.v.m.
Zudem ist sich nicht jede*r professionelle*r Helfer*in seiner/ihrer eigenen Grenzen bewusst und überschätzt dann ihre/seine Belastbarkeit.
Fazit: Das Mitteilen von HIV-positiven-Testergebnissen ist manchmal recht aktiv und intensiv und geht weit über ein kognitives Gespräch und hohe fachliche Kompetenzen hinaus: Unsere Klient*innen / Patient*innen übertragen uns ihre Angst, ihre Unsicherheit, ihre Ohnmacht, ihren inneren Druck und ihren Stress. Wir fühlen diese in unserer Gegenübertragung bzw. Resonanz, erden uns, stellen innere Sicherheit und tiefe Entspannung in uns her und übertragen diese wiederum zurück auf das Gegenüber. Dies kann durch Worte, mittels Mimik, Körperhaltung, Prosodie oder durch eine Halt gebende Berührung geschehen.
Dazu ist es wichtig, dass wir als Helfer*innen für uns selbst Methoden, Techniken und Skills anwenden können, um uns zu erden, und dass wir liebevolle Selbstfürsorge praktizieren.
Denn nur dann sind wir unseren Klient*innen / Patient*innen eine optimale Unterstützung.