Desorientierung bei Traumen

Florian Friedrich • 2. Februar 2024

Was ist Desorientierung?

Sind Menschen traumatisiert, so ist ihr natürlicher Orientierungsreflex eingefroren. Ihre Schulter- und Nackenmuskulatur werden starr und fest. Oft leiden sie unter Schmerzen und lang andauernden Verspannungen im gesamten Körper.

Nicht selten sind sie völlig desorientiert, wenn starke Reize auf sie einprasseln. Des Weiteren scannen sie immer wieder auch uns als Psychotherapeut*innen ab, ob wir gefährlich sind. Sie übertragen Reize und Traumaerlebnisse von damals auf uns und ihre Mitmenschen. Das ist Desorientierung in der Zeit.


Lesen Sie in diesem Artikel über Desorientierung und Reorientierung nach Traumen.

Desorientierung bei Traumen

Wir alle kennen das aus unseren nahen Beziehungen und Partnerschaften: Wir reagieren schnell mit den Bindungsmustern unserer Biographie, die im Hier und Heute maladaptiv sein können. Hier ist es wichtig, den Reiz und Trigger zu dechiffrieren, sich neu zu orientieren und die gegenwärtige Situation gut einzuschätzen und zu validieren.

Die Fokussierung ist bei traumatisierten Menschen meist fixiert und starr. Sie fühlen sich permanent überwältigt und können sich nicht konzentrieren bzw. Unwichtiges von Wichtigem differenzieren. Es ist dann unmöglich für sie, ein Buch zu lesen oder sich auf eine Arbeitsaufgabe zu konzentrieren.

Der Fokus liegt bei den Betroffenen meist auf dem Unangenehmen und Gefährlichen. Für positive Erfahrungen, Erlebnisse und Reize sind sie kaum noch offen.


Leide ich unter Traumafolgen, so bin ich in Beziehungen nur zu Enttäuschungen und Kränkungen hin orientiert, was natürlich irgendwann zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung wird, weil es in jeder Beziehung zu Enttäuschungen und Verletzungen kommt.

In unserer Gesellschaft kommt mittlerweile erschwerend hinzu, dass immer mehr gesellschaftliche Blasen und Bubbles Desorientierung verbreiten, und wir in den Sozialen Medien nur mehr Informationen erhalten, von denen die Algorithmen errechnen, dass sie sich in unser Weltbild glatt einfügen. Dies manipuliert uns und lässt unsere Orientierung in der Welt zunehmend enger werden.


Wie komme ich aus der Desorientierung heraus?

Der einzige Weg aus dieser Desorientierung besteht darin, bewusst wahrzunehmen und zu erleben, dass ich jetzt im Moment sicher und geschützt bin (oder auch nicht, dann sollte ich mich schützen). Diese Prüfung vergessen viele von Traumafolgesymptomen Betroffene.

Gut orientierte Personen können sich flexibel und adaptiv auf neue Situationen einstellen und neue Reize integrieren. Wir sind dann lebendiger, und unsere Orientierung kommt immer wieder zur Ruhe, wenn wir merken, dass wir sicher sind.


Übungen aus der Traumatherapie zur Orientierung:

  • Sich umsehen und den ganzen Oberkörper und Rumpf mitzudrehen
  • Zu beobachten, was sich sicher anfühlt
  • Den Fokus zu verschieben
  • Nach Innen zu schauen und darauf zu vertrauen, dass man jetzt gerade sicher ist und keine Lebensgefahr droht.
  • Mich innerlich zu beobachten, wie ich auf Reize, Trigger und andere Personen reagiere und welche traumatischen Übertragungen ich habe. Ich lerne und schule dabei mein erwachsenes Beobachter-Ich und meine Metaebene.
  • Meine Konditionierungen und habituierten Verhaltensweisen zu erkennen
  • Zu Pendeln zwischen einem unsicheren Gefühl und dem Beobachten von dem, was gerade sicher ist und mir Halt gibt
  • An der inneren Orientierung zu arbeiten, d.h. emotionale Flashbacks als solche zu dechiffrieren und zu beobachten und mit dem Hier und Jetzt abzugleichen. Dabei sollten wir uns fragen: Ist die Emotion der jetzigen Situation angemessen? D.h. sind meine innere und äußere Orientierung synchron? Oder ist meine Reaktion auf mein Gegenüber oder den aktuellen Reiz viel zu stark?
  • Den Blick nicht auf den Boden zu richten, sondern das Gegenüber genau zu beobachten, sich die Mimik, Gestik und Körpersprache zu beschreiben. Das kann helfen, Konditionierungen aufzuweichen und neue korrigierende Erfahrungen zu verkörpern.
  • Wir müssen die innere und äußere Aufmerksamkeit synchronisieren, d.h. gute Erlebnisse im Jetzt in uns hineinnehmen und neue korrigierende Beziehungserfahrungen sammeln. Dies aktiviert immer wieder unser soziales Nervensystem, das uns lernfähig macht und uns bei der Integration von positiven Erfahrungen beisteht.
  • Wir können unsere Aufmerksamkeit unermüdlich zum Positiven, Schönen und Sicheren oder zu liebevollen und gütigen Menschen ausrichten. Unsere Lebensqualität wird sich dann im Laufe der Zeit stark heben. Wir alle haben das Potenzial, uns diesbezüglich selbst zu erziehen. Dieser Top-Down-Prozess wird irgendwann zu einem Bottom-Up-Vorgang und zur Autoregulation werden.
  • Wenn meine Patient*innen angespannt sind, dann bitte ich sie, einmal die Augen zu schließen und frage sie dann, welche Kleidung ich trage, welche Farben im Raum sind, ob in meiner Praxis Bilder sind und wie viele Fenster der Praxisraum hat. Dies bringt sie aus der inneren Desorientierung in den gegenwärtigen Moment. Danach sollen sie ihre Augen öffnen und die von mir gestellten Fragen noch einmal durch eine bewusste Orientierung beantworten.


Orientierung erleichtert unser ganzes Leben

Exploration, Neugier an der Umwelt und eine solide Beziehung zu unseren Mitmenschen sind unmöglich, wenn wir aus dem Window of Tolerance hinausfallen.

Darüber hinaus schaffen Co-Regulierung und Selbstregulierung Sicherheit. Unser soziales Nervensystem springt an, und wir können uns besser orientieren, fokussieren, ausrichten und unsere Aufmerksamkeit lenken. Dies erleichtert unser ganzes Leben.

Als Psychotherapeut*innen ist es unsere Aufgabe, unsere Klient*innen mit ihrer Desorientierung zu konfrontieren und es explizit zu machen, wenn sich die innere und die äußere Orientierung trennen.

Psychotherapie mit Berührung und Körperkontakt
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Schwule / Bisexuelle und sexualisierte Gewalt - Traumatherapie
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Hilfe für Männer, die Opfer sexualisierter und körperlicher Gewalt werden Sexuelle Gewalt ist in der Schwulenszene, in Bars, in Dark Rooms, Cruising-Areas und auf Datingplattformen extrem weit verbreitet und zugleich ein riesiges Tabu. Ich biete Psychotherapie und Traumatherapie für schwule und bisexuelle Männer an, die Opfer sexueller Gewalt geworden sind. In Österreich ist eine kostenlose Psychotherapie über den Opferschutz möglich, wenn Du sexuelle oder körperliche Gewalt erlebt hast.
Verinnerlichte Homonegativität / Homophobie im Alter
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Homophobie unter älteren und alten schwulen und bisexuellen Männern Viele ältere, alte und hochbetagte Menschen mit homosexuellen oder bisexuellen Neigungen haben auch heute noch immer verinnerlichte homophobe States in sich. Sie haben über Jahrzehnte hinweg strafrechtliche Verfolgung während der Zeit des westdeutschen § 175 bzw. des ostdeutschen § 151 miterlebt und wurden lange Zeit durch die WHO als psychisch schwer krank, pervers bzw. pathologisch eingestuft. Diese Heteronormativität und gesellschaftliche Homophobie haben bei ihnen Wunden, manchmal auch Traumafolgestörungen hinterlassen. Internalisierte Homophobie ist somit ein klassisches Traumafolgesymptom. Dabei ist verinnerlichte Homonegativität keine Frage des Alters. Denn auch junge und jüngere LGB tragen diese in sich. Als Psychotherapeut habe ich immer wieder junge und jüngere schwule / bisexuelle Männer und lesbische / bisexuelle Frauen in meiner Praxis, die sich ihrer homosexuellen Bedürfnisse massiv schämen und oft einen regelrechten Selbsthass entwickeln. Meine PowerPoint Präsentation zum Thema Homophobie unter älteren schwulen und queeren Männern ist zugleich als Hand-Out konzipiert. Sie finden die Folien hier als PDF .
Bindungstrauma / Beziehungstrauma – psychologische Hilfe
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Bindungstrauma / Beziehungstrauma: Bindungsorientierte Psychotherapie und Traumatherapie Die meisten Traumatherapien behandeln die Symptome von Schocktraumen, die etwa nach Unfällen, Naturkatastrophen, Kiegserfahrungen, Folter, Vergewaltigungen und körperlicher Gewalt auftreten. Doch viel mehr Menschen, nämlich eine Mehrheit der Gesamtbevölkerung, leiden unter Traumafolgesymptomen nach Bindungs- und Entwicklungstraumen. Diese Traumen finden oft schon in der präverbalen Phase unseres Lebens statt und wir haben keinerlei Erinnerungen daran. Ich selbst habe mich auf Entwicklungs- und Beziehungstraumen spezialisiert. Bindungs- und Entwicklungstraumen sind wesentliche Ursachen für Schwierigkeiten in Partnerschaften und Liebesbeziehungen, für sexuelle Funktionsstörungen, Bindungsängste, psychosomatische Erkrankungen, Angststörungen, Depressionen, Psychosen, Persönlichkeitsstörungen und viele andere Traumafolgesymptome. Bindungs- und Entwicklungstraumatisierungen gehen tief in unsere Psyche hinein und verändern unsere Persönlichkeit nachhaltig. Wir werden in unserem Bind ungsverhalten traumatisiert und entwickeln ungesunde Bindungsstile. Ich biete psychologische Hilfe und Traumatherapie an, wenn Sie unter einem Bindungstrauma, Beziehungstrauma oder Entwicklungstrauma leiden. Im Rahmen meiner Taumatherapie arbeite ich weniger an Erinnerungen, sondern viel mehr an der Regulation Ihrer Traumafolgesymptome. Dabei ist mein ein körperorientiertes Vorgehen besonders wichtig. Psychotherapie bzw. Traumatherapie ist auch ein Lernen von gesunden Beziehungen. Der Psychotherapeut assistiert und hilft Ihnen dabei.