Mag. Florian Friedrich, BA

Psychotherapeut (Existenzanalyse)

in Salzburg / Hamburg


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HIV-Phobie und HIV-Hypochondrie - Psychologische Hilfe

Florian Friedrich • 3. September 2023

Die irrationale Angst vor HIV/AIDS

Bei Phobien handelt es sich um gerichtete Ängste. Sie sind auf ein bestimmtes Objekt oder eine ganz spezifische Situation ausgerichtet (etwa sich mit HIV zu infizieren). Bei Hypochondrien haben Menschen Angst, dass sich die gefürchtete Krankheit bereits im Körper befindet, auch dann, wenn bereits unzählige negative Testergebnisse vorliegen. 

Lesen Sie in diesem Beitrag Tipps, wie Sie die Angst vor HIV überwinden können.


Ich biete in Salzburg / Wien / Hamburg psychologische Hilfe und Psychotherapie für Menschen an, die unter HIV-Phobie oder HIV-Hypochondrie leiden.

I provide psychological help and psychotherapy for people suffering from HIV phobia or HIV hypochondria.

HIV-Phobie und Hypochondrien - psychologische Hilfe

Die Angst vor HIV ist heute unbegründet

Heute haben Menschen aufgrund der guten HIV-Therapie, das sind Medikamente, die HIV im Körper unterdrücken, eine genauso lange Lebenserwartung wie alle anderen Menschen. Zudem bewirken die Medikamente, dass die von HIV-betroffenen Personen nach ein paar Monaten nicht mehr ansteckend für andere Menschen sind. Auch ungeschützter Sex, Kinderwunsch und ein ganz normales Leben sind dann möglich. 

Manche Menschen leben nach der Diagnose sogar glücklicher, zufriedener und sinnstiftender als zuvor, weil sie sich nun ganz bewusst mit ihrem Leben und ihrer biopsychosozialen Gesundheit auseinandersetzen. HIV-positive Männer haben zudem manchmal eine höhere Lebenserwartung, weil sie nun häufiger gesundheitliche Screenings und Vorsorgeuntersuchungen machen als HIV-negative Männer.


Mittlerweile sind Menschen auch schon von HIV geheilt worden und zwar HIV-positive Personen, die aufgrund von Krebserkrankungen eine Knochenmarktransplantation erhalten haben. Allerdings ist diese Behandlungsmethode sehr gefährlich und funktioniert nicht bei allen HIV-Positiven.


Dennoch gibt es Menschen, die unter einer schweren HIV-Phobie leiden. HIV ist nämlich nach der AIDS-Pandemie in den 1980er Jahren mit furchtbaren, schrecklichen, panischen und grauenerregenden Narrativen und Bildern verbunden. Diese Narrative machen vielen Menschen Angst. Die HIV-Phobie hängt sich an ihnen auf.

Die HIV-Phobie ist unangemessen und wie alle Phobien unbegründet. Leidet ein Mensch unter einer derartigen Phobie, so ist seine Lebensqualität viel schlechter als diejenige eines Menschen, der HIV-positiv ist und Medikamente gegen HIV einnimmt. Sein ganzes Leben engt sich nämlich auf das Thema HIV und AIDS und die Angst davor ein. Im Gegensatz zu HIV kann eine HIV-Phobie das Leben (zer)stören, wenn sie chronisch ist und nicht psychotherapeutisch behandelt wird. Hinter solchen Phobien stecken oft ganz andere unbewusste Ursachen (z.B. nicht bewältigte Lebens- und Existenzängste, Grundangst, kein Grundvertrauen, Angst vor Beschämung, Verlustängste, Angst vor sozialem Ausschluss, Diskriminierung und Stigmatisierung, Schuldgefühle), die man oft nur in einer Psychotherapie abbauen kann.  

Im Zustand der Angst und Enge verzerrt sich die Wahrnehmung unserer gesamten Wirklichkeit und Realität. Wir erleben in diesem ängstlichen Persönlichkeitszustand (Angst-State) die Welt als bedrohlich, feindselig und finden keinen Halt mehr in ihr. Wir können dann auch mit dem Thema HIV nicht mehr angemessen umgehen, sondern verlieren uns in Panik und Katastrophenphantasien.


Besonders Menschen, die eine strenge Sexualmoral verinnerlicht haben, die sie zugleich nicht erfüllen können, entwickeln häufig eine Phobie vor HIV und Geschlechtskrankheiten, etwa

  • nach Fremdgehen
  • nach Bordellbesuchen
  • nach Affären oder One-Night-Stands
  • nach homosexuellen Erfahrungen


Aber auch das Bedürfnis nach absoluter Sicherheit im Leben oder mangelndes Grundvertrauen begünstigen die Entwicklung von Phobien. 

Film: "Hocheffektive Therapiemöglichkeiten bei HIV-Infektion"

Wenn Sie an einer HIV-Phobie oder Hypochondrie leiden, sollten Sie sich folgende Fragen stellen: 

  • Was genau an HIV macht Ihnen solche Angst?
  • Was ist heute an HIV noch so schlimm, so eine Angst davor zu haben?
  • Ist Ihnen bekannt, dass HIV heute bei uns so leicht zu behandeln ist wie Diabetes? Fehlt Ihnen hier noch Wissen?
  • Welche realen Folgen hätte es für Sie, wenn Sie HIV hätten?
  • Was genau würde sich ändern?
  • Was könnte Ihnen dann Halt und Zuversicht im Leben geben?
  • Welche Nachteile hätten Sie dann in Ihrem Leben (etwa soziale Stigmatisierung, die passieren könnte)?
  • Welche Vorteile hätten Sie (z.B. Vorsorgeuntersuchungen, Zuwendung durch andere)?
  • Gibt es Menschen, die dann für Sie da wären?


 Typische Vermeidungsverhalten bei HIV-Phobien sind

  • Ein unkontrollierter Konsum von HIV-Internetforen und exzessive Internetrecherchen (oft viele Stunden am Tag). Dieser Kontrollverlust wird in der Regel als innerer Zwang erlebt.
  • Der zu häufige Anruf bei AIDS-Beratungsstellen und AIDS-Hilfen, um sich rückzuversichern, dass Sie kein Risiko hatten. Beruhigende Sachargumente gegen eine HIV-Infektion können den Teufelskreis der Angst übrigens langfristig massiv verstärken. 
  • Vermeidung von gewissen Medien, um nur ja nichts von HIV zu lesen und damit konfrontiert zu werden
  • Zu viele Arztbesuche oder Besuche von AIDS-Hilfen und HIV-Testeinrichtungen
  • Ein permanentes Bodychecking und ein verzweifeltes Suchen nach HIV-typischen Symptomen (etwa Nachtschweiß, Lymphknotenschwellungen, Fieber, Gelenkschmerzen, Erschöpfung, Müdigkeit). Als Folge dieser Anspannung und des Bodychecks reagiert der Körper dann tatsächlich oft mit somatoformen Beschwerden, da wir bei chronischem Stress vegetative Symptome entwickeln (z.B. Nachtschweiß, Durchfall, Darmbeschwerden, muskuläre Verspannungen, erhöhter Puls u.v.m.)
  • Wiederholte Untersuchungen und HIV-Tests (etwa bei HIV-Hypochondrie/Phobie jede Woche einen HIV-Test machen und dann dem Testergebnis nicht lange vertrauen und gleich noch einen HIV-Test machen). Wiederholtes Testen auf HIV ist kontraproduktiv und verschlechtert die Prognose der HIV-Phobie. 


Angstvermeidung ist langfristig schädlich

Menschen mit HIV-Phobien vermeiden ihre Angst, indem sie sich immer wieder rückversichern, dass sie kein Risiko hatten und nicht mit HIV infiziert sind. So machen sie etwa zig HIV-Tests in einem Jahr oder rufen jeden Tag mehrere HIV-Beratungsstellen an. Dies verschafft kurzfristig Erleichterung, ist aber langfristig schädlich, weil auf diese Weise kein Halt in der Angst gefunden werden kann und die Selbstsicherheit immer noch weniger wird. Bald schon weicht die Erleichterung des negativen Testergebnisses der neuen Angst. Auf diese Weise werden die zeitlichen Abschnitte zwischen den HIV-Tests immer kürzer.

Oft hält das Gefühl von Beruhigung und Sicherheit nach einem negativen Testergebnis nur mehr wenige Stunden an. Dann braucht es weitere Tests zur Beruhigung und irgendwann verstärkt sich die Phobie ins Unendliche. 


Eine Konfrontationsübung wäre, sich dieser HIV-Phobie immer wieder bewusst auszusetzen, da sie sich nur auf diese Weise abschwächen kann. Möglichkeiten der Angstkonfrontation finden Sie weiter unten.


Angstkonfrontation in sensu - der Weg aus der HIV-Phobie

Bei der Angstkonfrontation/Angstexposition geht es darum, dass Sie sich mit Ihrer Angst vor einer HIV-Infektion bewusst konfrontieren und sich der HIV-Phobie sogar bewusst aussetzen. Sie können dabei im Laufe der Zeit inneren Halt, Selbstwirksamkeit, mehr Selbstsicherheit und Zuversicht entwickeln. Irgendwann lässt nämlich jede Angst nach, weil der Körper automatisch wieder Entspannung und mehr innere Ruhe einleitet. Somit können wir uns körperlich, emotional und psychologisch an die Angst gewöhnen. Mit jeder Angstexposition nimmt meine Angst ganz langsam aber kontinuierlich ab, d.h. die Kurve meiner Angst wird immer flacher. Seien Sie jedoch geduldig mit sich selbst, denn dieser Prozess kann viele Wochen bis Monate an Zeit brauchen. 


Sich der Angst vor HIV bewusst immer wieder aussetzen - Tipps

  • Die Angst immer wieder aushalten und auf Rückversicherungen (etwa auf Beratungen bei AIDS-Hilfen oder auf HIV-Tests) verzichten
  • Sich sachliche und gute Dokumentationen und Filme über das Leben mit HIV ansehen
  • Ein Buch über die Erkrankung HIV lesen
  • Aktuelle Biographien HIV-positiver Menschen lesen
  • Sich immer wieder ein Leben mit HIV im Jahr 2023 imaginieren und suchen, was dann trotzdem doch noch inneren Halt geben könnte


Tipps für Ärzt*innen und Behandler*innen

  • Wenn Menschen unter starken HIV-Ängsten leiden, dann können sie Sie als Ärzt*innen zur Verzweiflung bringen. Oft lösen Menschen mit Phobien und Hypochondrien im Gegenüber auch Gefühle der Ohnmacht oder Genervtheit und Wut, aber auch Schuldgefühle aus, weil sie sich mit ihren Ängsten sehr egozentrisch im Kreis drehen und Sie als Ärztin*/Arzt* nichts für diese Patient*innen tun können. Bei irrationalen HIV-Ängsten handelt es sich nämlich um psychische Problematiken, welche die Patient*innen auf medizinischem Weg zu lösen versuchen. Dieser Ansatz und Selbstheilungsversuch ist also komplett falsch.
  • Es braucht eigentlich nur klare Informationen. Sie können Menschen mit einer HIV-Phobie oder Hypochondrie ohnedies nicht davon überzeugen, dass sie keine Gefahr durch HIV haben und gesund sind - "Mission Impossible". Nehmen Sie das Leiden Ihrer Patient*innen ernst, nicht aber den Inhalt der Angst.
  • Die beste Hilfe, die Sie Patient*innen mit HIV mitgeben können, ist es, sie darauf hinzuweisen, dass sie sich unbedingt psychologische oder psychotherapeutische Hilfe suchen sollten.
  • Würdigen Sie die immense Not und das Leid der von HIV-Phobien betroffenen Menschen und spielen Sie ihnen zugleich die Verantwortung für ihre psychische Gesundheit und den konstruktiven Umgang mit der Angst zurück. Denn nicht Sie als Ärztin*/Arzt* sind für den Umgang mit der Phobie verantwortlich, sondern allein der/die Patient*in.
  • Menschen mit HIV-Phobien haben panische Ängste. Wenn wir uns im Modus der Panik befinden, dann sind wir nicht mehr durch Vernunft oder rationale Argumente erreichbar und verhalten uns mitunter übergriffig und grenzüberschreitend. Jede Empathie kann uns dabei verloren gehen.
  • Gerade dann, wenn Patient*innen überzeugt sind, trotz negativer HIV-Tests mit HIV infiziert zu sein, ist dies ein Indiz für die Schwere der Phobie bzw. Hypochondrie. Auch hier sollten Sie an Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen weiterverweisen. Auch ist es Ihr gutes Recht, weitere HIV-Tests zu verweigern.
  • Entwickeln Sie eine gute Selbstfürsorge, indem Sie sich immer wieder erden und zentrieren, um sich nicht von der starken Psychodynamik Ihrer Patient*innen anstecken zu lassen. Setzen Sie bei grenzüberschreitendem Verhalten (etwa wenn Patient*innen wiederholt anrufen, um sich von Ihnen rückversichern zu lassen, dass sie nicht HIV-positiv sein können) Grenzen. Sie dürfen Ihren Patient*innen durchaus ankündigen, dass sie von nun an nicht mehr anrufen dürfen und das Sie bei weiteren Anrufen kommentarlos auflegen werden. Dies hilft erstens Ihnen und Ihrer Psychohygiene als Arzt*/Ärztin* und nützt auch langfristig Ihren Patient*innen. Würden Sie immer wieder die Fragen der von HIV-Phobien bzw. Hypochondrien Betroffenen beantworten, so könnten sich im Laufe der Zeit eine starke Wut oder Frust in Ihnen aufbauen, und zugleich würden Sie sich auch coabhängig zur ängstlich vermeidenden Psychodynamik Ihrer Patient*innen verhalten.

Film zur HIV-Angstkonfrontation: "Er hat mich angesteckt: Mein Leben mit HIV" (WDR Doku)

Setzen Sie sich bewusst Ihrer HIV-Phobie immer wieder aus, indem Sie sich aktuelle Reportagen ansehen. Vermeiden Sie die Angst nicht, da sie sonst immer stärker wird. Im obigen Film kann die HIV-Angst getriggert werden. Insofern dient der Film der Angstkonfrontation.


Eine persönliche Frage:

Wie würde es Ihnen gehen, wenn Sie HIV-positiv wären?

Ich selber arbeite schon viele Jahre in der Aidshilfe Salzburg und habe mich somit schon viel und intensiv mit meinen eigenen Ängsten und Sorgen vor Krankheiten auseinandergesetzt und mich mit HIV konfrontiert. Aufgrund der sehr guten medizinischen Behandlungsmöglichkeiten habe ich keine starke Angst vor HIV und könnte gut mit der Infektion leben. Belasten würden mich allerdings drohende soziale Stigmatisierungen und Diskriminierungen. Davor habe ich mehr Angst als vor der Infektion mit HIV. Allerdings weiß ich, dass ich dann viele Menschen hätte, die zu mir stünden und ich habe auch das Vertrauen, dass ich mir gut selbst helfen und mich zur Wehr setzen könnte. 

Und noch ein Film, um sich mit HIV zu konfrontieren:

"HIV-Test positiv: Leben mit dem Virus"

Menschen gehen sehr unterschiedlich mit ihrer HIV-Infektion um. In diesem Film sehen sie einen jungen Mann, der seine Infektion recht positiv bewältigt und in sein Leben integriert.

Good News zu HIV

Schon wieder wurde ein Patient von HIV nach einer Knochenmarktransplantation geheilt. Dabei handelt es sich um den sechsten geheilten Patienten weltweit. Allerdings sind Knochenmarktransplantation aufgrund des hohen Sterberisikos kein Behandlungsansatz von HIV. Sogar bei Blutkrebspatient*innen wird die Knochenmarkspende möglichst vermieden. Die eigenen Blutstammzellen werden nämlich durch eine aggressive und wenig schonende Chemotherapie komplett zerstört.

Zudem bräuchte man meist Spender*innen mit der seltenen Genmutation CCR5 delta 32. Diese macht Menschen resistent gegen HIV.

Medizinisch gesehen ist die Hochaktive Antiretrovirale Therapie das Beste was wir haben.


Dennoch gibt es Hoffnung:

"Wir erforschen mit dieser einzigartigen Situation neue Wege in der Hoffnung, dass die Remission oder sogar die Heilung von HIV nicht mehr ein außergewöhnliches Ereignis ist", erklärte Alexandra Calmy, Leiterin der HIV/AIDS-Abteilung am Universitätsspital Genf.


In Australien gehen die Infektionen von HIV markant zurück. Expert*innen sprechen sogar schon von einer „Eliminierung von HIV“. Ein Grund liegt darin, dass in Australien sehr häufig auf HIV getestet wird. Auf diese Weise werden unbewusste Infektionen verhindert. Auch die Präexpositionsprophylaxe (PrEP) wird häufig verschrieben.

Bei der PrEP handelt es sich um die Pille, die vor einer Infektion mit HIV schützt. HIV-negative Menschen nehmen dieses Medikament ein, um sich vor einer Ansteckung mit dem Immunschwächevirus zu schützen.

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