Mag. Florian Friedrich, BA

Psychotherapie, Beratung und Coaching


Wichtig: Ich bin in meiner Praxis voll und kann daher keine Ersttermine

 für neue Klient*innen anbieten.

"Soziales AIDS" als Stigma - Leben mit HIV

Florian Friedrich • 18. September 2023

Diskriminierung ist omnipräsent

HIV-positive Menschen werden sogar in Krankenhäusern oder bei Ärzt*innen, die in der Regel besser als die Allgemeinbevölkerung aufgeklärt sind, diskriminiert. Oder sie werden bei medizinischen Behandlung an die letzte Stelle gereiht, mitunter erst gar nicht behandelt. Darüber hinaus kommt es auch im Arbeitsleben, in Ausbildungsstätten, in Schulen und Kindergärten und im Privatleben zu massiven Diskriminierungen.HIV ist noch immer ein großes kulturelles, soziales und psychologisches Stigma. Medizinisch betrachtet ist HIV heute kaum noch ein Problem. Das so genannte „Soziale AIDS“ hingegen ist für von HIV-Betroffene eine immense Belastung. Für den schlechten gesellschaftlichen Umgang mit HIV kommen verschiedene Ursachen in Frage, die einander ergänzen.


Die Diskriminierung und Stigmatisierung wegen HIV können schlimmer sein als die Infektion selbst. Lesen Sie in diesem Beitrag über das Stigma "Soziales AIDS".

Joseph Grünpeck: Das Christuskind straft die Menschheit mit Syphilis

Was sind Ursachen von Stigmatisierungen?

  • Eine sozialpsychologische Erklärung sieht HIV in unserem kulturellen Gedächtnis als eine Strafe Gottes für sündhafte Sexualität verankert (siehe die Abbildung oben, in der das Jesuskind den Syphilitiker straft). Diese Erfahrung machen auch die Berater*innen der AIDS-Hilfen, wenn etwa Menschen nach Fremdgehen etc. Schuldgefühle und Strafängste haben, sie würden nun mit HIV oder anderen sexuell übertragbaren Infektionen (STIs) als Strafe für das Fremdgehen bestraft.
  • HIV wird generell als eine moralisch verwerfliche und „schmutzige“ Krankheit wahrgenommen, da es vor allem beim Sex übertragen wird.
  • HIV-positive Menschen übernehmen diese negativen Bilder und Schuldzuschreibungen in ihr Selbstbild. Sie entwickeln oft große Schuldgefühle und sehen nicht mehr den einzelnen Fehler (z.B. ungeschützten Sex) als Ursache für die Infektion, sondern nehmen sich selbst als Person schuldhaft und schlecht wahr. Das Selbstwertgefühl leidet hierunter massiv.
  • Sehr belastend sind auch Mehrfachdiskriminierungen, etwa wenn ein Mensch nicht nur wegen seines HIV-Status‘, sondern auch wegen seiner Hautfarbe, seiner ethnischen Herkunft, seines Geschlechts und/oder seiner sexuellen Orientierung diskriminiert wird.
  • Der Umgang mit HIV ist sehr unterschiedlich: Einerseits werden die Übertragungsrisiken im Alltag massiv überschätzt. Es gibt etwa die Fehlannahme, HIV könne bereits beim Händeschütteln, beim Küssen, über das gemeinsame Benutzen von Besteck, im Schwimmbad, auf dem WC oder durch Zigaretten übertragen werden. HIV-positive Menschen werden aufgrund von Unwissenheit und Fehlannahmen ausgegrenzt. Andererseits werden tatsächliche Risiken (etwa ungeschützter Sex) verdrängt und abgespalten. Gerade diese Spaltungsmechanismen führen häufig zur Sündenbockfunktion von HIV-positiven Menschen.

Film: "Ich bin HIV-positiv. Umarmst du mich? | soziales Experiment"

Die Humanität unserer Gesellschaft ist daran zu messen, wie wir mit Minderheiten umgehen

Ein Zitat des gesellschaftskritischen Psychoanalytikers Horst E. Richter, das bereits über 35 Jahre alt ist, an Brisanz jedoch nichts verloren hat, soll uns bezüglich des phobischen Umgangs mit HIV zu denken geben. Es führt uns vor Augen, dass die Humanität einer Gesellschaft daran zu messen ist, wie sie mit allen Minderheiten umgeht:


"Allgemeines Verwundern erregt es, daß die massenhafte Information über die sehr begrenzten spezifischen Ansteckungswege (sc. von HIV, d.V.) eine Mehrheit nicht daran hindert, sich vor jeglichem noch so unbedenklichen Umgang mit Virusträgern schützen zu wollen. Selbst in Kreisen fachlich Gebildeter grassiert diese irrationale Abgrenzungsobsession. Es ist, als ob mittelalterlicher Aberglaube wieder auferstehe. Im Kopf - so sagen viele - weiß ich sehr wohl, daß mir, wenn ich mit AIDS- [und HIV-, d.V.] Infizierten am Tisch sitze oder ihnen die Hand gebe, nichts passiert. Trotzdem reagiere ich panisch, wenn ich mir solche Situationen auch nur vorstelle.

Was da in Wahrheit nicht ausgehalten wird, ist nicht der fremde, vermeintlich gefährliche Virusträger, sondern das Abbild der eigenen Verletzlichkeit und Sterblichkeit [...] Mit Infizierten in humaner Form kommunizieren kann nur, wer sich mit der eigenen Sterblichkeit aussöhnen gelernt hat. Dieses Lernen wird nun aber zu einer der dringendsten sozialen Zukunftsaufgaben, da wir vor der Wahl stehen, entweder überall in humanitärer Solidarität [...] zusammenzuleben oder in die Barbarei der Ausgrenzung »unwerten Lebens« nach faschistischem Muster zurückzufallen."


(Horst Eberhard Richter, Leben statt machen. Einwände gegen das Verzagen. Aufsätze, Reden, Notizen zum "neuen Denken". Hamburg 1987, S. 13.)


Kein rationaler, aufgeklärter Umgang mit HIV

Fazit: In Österreich wird keinesfalls rational und vernünftig mit HIV umgegangen. Zwar hat sich in den letzten 25 Jahren rechtlich viel getan, bezüglich unseres gesellschaftlichen Umgangs mit der Immunschwächeerkrankung HIV befinden wir uns jedoch noch immer im tiefsten Mittelalter. Waren es früher die Syphilis und andere venerische Erkrankungen, die in unserem kollektiven Unbewussten und kulturellen Gedächtnis als moralisch verwerflich und als Strafe Gottes galten, so ist es heute HIV. An HIV werden Verleugnungs- und Abwehrmechanismen, Abspaltung und Projektion sowie die archaische Sündenbockdynamiken besonders deutlich.


Meine Hilfe in Salzburg, Wien, Hamburg und München

Ich biete psychologische Beratung und Psychotherapie für Menschen mit HIV an. Für Menschen, die wirtschaftlich schwach sind, kann ich, in Kooperation mit der Aidshilfe Salzburg, auch kostenlose Therapieplätze anbieten.

Filmtipp: "Welt-Aids-Tag: Immer noch Diskriminierung gegenüber HIV-Infizierten"

Diagnostik aus hypnosystemischer Sicht
von Florian Friedrich 21. März 2025
Diagnosen sagen nichts über unsere Klient*innen aus Als Hypnosystemiker erlebe ich Diagnosen meist als trivialisierend und als eine die Komplexität reduzierende Vernichtung von Informationen. Zudem werden Diagnosen überwiegend völlig blind für den Kontext gestellt, in dem ein Symptom auftritt. Ziel dienlich sind Diagnosen aus hypnosystemischer Sicht dann, wenn Patient*innen sie wollen, weil sie dadurch Entlastung erfahren (was ich dann wieder utilisieren kann), oder eben für die Krankenkassen und Sozialversicherungsträger. Der Begründer der Hypnosystemik Gunther Schmidt erwähnt etwas augenzwinkernd, dass sich seine Klient*innen eine der häufigsten Diagnosen (etwa "mittelgradige depressive Episode") selbst auswählen dürfen (sie können aber auch ausgewürfelt werden), wobei wir die Diagnosen dann zusammen mit unseren Klient*innen auf möglicherweise negative Auswirkungen überprüfen sollten. 
Die Polyvagaltheorie in der Traumatherapie
von Florian Friedrich 20. März 2025
Was ist die Polyvagaltheorie? Die Polyvagaltheorie geht auf den Psychiater Stephen W. Porges zurück. Sie beschreibt eine neue Sichtweise auf das Autonome Nervensystem . Dieses scannt permanent unsere Umwelt und andere Menschen ab, ob wir sicher oder bedroht sind. Jener Vorgang ist unwillkürlich und ist uns meist völlig unbewusst. Sicherheit ist für uns im Leben das Wichtigste. Das Parasympathische Nervensystem teilt sich noch einmal auf und hat ein soziales Nervensystem , den ventralen Vagus, als Zweig. Dieses wird durch Traumata massiv beeinflusst und arbeitet dann anders. Das Soziale Nervensystem wird durch die Beziehung, Fürsorge und Coregulation unserer Eltern bzw. ersten Bezugspersonen gut ausgebildet und kann dann effektiv und optimal arbeiten. Übrigens: Die Polyvagaltheorie ist in der Wissenschaft umstritten und konnte bis heute empirisch nicht nachgewiesen werden . Das ändert aber nichts an der Praxis der modernen Traumatherapie. In der praktischen Umsetzung hilft die Polyvagaltheorie, und wer heilt, der hat bekanntlich recht.
Hypnosystemische Psychotherapie und Beratung
von Florian Friedrich 18. März 2025
Beratung, Coaching und Therapie mit hypnosystemischen Ansätzen Der hypnosystemische Ansatz von Gunther Schmidt ist ein wissenschaftlich-fundierter Ansatz für Beratung, Coaching, Therapie und Organisationsentwicklung. Er arbeitet mit Erkenntnissen der modernen Hirn- und autobiografischen Gedächtnisforschung, der Systemtheorie, der Hypnose und der Hypnotherapie, der Embodiment-Forschung und der Priming-Forschung. Gunther Schmidt hat aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen der verschiedenen Disziplinen ein breites Repertoire an Methoden, Techniken und Tools entwickelt, wobei er immer postuliert: " Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis größer als in der Theorie ". Zugleich ist die Hypnosystemik auch eine Haltung zur Welt und zu den Mitmenschen, die weit über Techniken hinausgeht. Denn wer nur mit Tools arbeitet, der " wird rasch zum Tooligan " (Schmidt). Ich biete hypnosystemische Psychotherapie und Beratung in Salzburg / Hamburg an.
Symptome aus hypnosystemischer Sicht
von Florian Friedrich 18. März 2025
Symptome sind wertvolle Botschafter von Bedürfnissen Aus hypnosystemischer Sicht (Gunther Schmidt) sind Symptome immer wichtige Rückkopellungsinformationen über nicht beachtete Bedürfnisse. Beispiel: Hubert ist schwul und unterdrückt seine Bedürfnisse nach Liebe, Erotik, Zärtlichkeit und Sexualität. Da dieses Unterdrücken viel Kraft und Lebensenergie kostet, wird Hubert zunehmend depressiver und suizidal. Seine Depressionen und seine Lebensmüdigkeit weisen ihn darauf hin: "Lebe Dein Leben, hör auf Deine homosexuellen Bedürfnisse" Lesen Sie in diesem Artikel über Symptome aus hypnosystemischer Sicht.
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