Mag. Florian Friedrich, BA

Psychotherapie, Beratung und Coaching


Wichtig: Ich bin in meiner Praxis voll und kann daher keine Ersttermine

 für neue Klient*innen anbieten.

Homophobie - Wege aus dem Trauma

Florian Friedrich • 21. Februar 2024

Verinnerlichte Homophobie als ein Entwicklungstrauma

Internalisierte bzw. verinnerlichte Homophobie meint, dass Schwule, Lesben und Bisexuelle sich für ihre eigene Homosexualität schämen und manchmal sogar selbst hassen. Deshalb handelt es sich bei diesem Phänomen auch um ein typisches Entwicklungstrauma.

In diesem Beitrag möchte ich Wege aus dem Trauma aufzeigen.

Homophobie - Wege aus dem Trauma

Was sind die Folgen von Homophobie?

Gefährlich ist, dass die Opfer homophober Sozialisation und Diskriminierung diese in ihr Inneres hineinnehmen und verinnerlichte Homonegativität entwickeln. Sie erleben dann Gewalttaten und Benachteiligungen als gerechtfertigt und so, als ob sie die psychische oder körperliche Gewalt verdient hätten. Die Betroffenen fühlen sich innerlich gespalten zwischen ihren authentischen Bedürfnissen nach Identität, Liebe, Partnerschaft und Sexualität und ihrer schweren Selbstentwertung sowie ihrer Ablehnung.

Menschen, die ihre eigene (Homo-)Sexualität ablehnen, legen häufiger ein selbstschädigendes Verhalten an den Tag: Drogenmissbrauch, bewusste oder unbewusste Selbstverletzungen, aber auch Sexsucht und ungeschützten Sexualverkehr, bei dem das Risiko einer Infektion mit sexuell übertragbaren Krankheiten eingegangen wird.

Die betroffenen Personen sind ständig unter Stress und in psychophysiologischer Übererregung. Oft erkranken sie psychosomatisch und entwickeln ein schlechteres Immunsystem, leiden unter Angst- und Panikstörungen und missbrauchen Substanzen.


Ein Beispiel:

Herr Z. wurde in den 1950er Jahren geboren und so erzogen und sozialisiert, dass er verinnerlichte, dass Homosexualität nicht nur eine schwere psychische Erkrankung sei, sondern auch ein strafrechtliches Verbrechen und eine Sünde.

Heute ist er schon 30 Jahre lang mit einer Frau verheiratet, die er geheiratet hat, weil es von seiner Familie und der Gesellschaft erwartet worden war. Er hat drei erwachsene Kinder. Von seiner homosexuellen Orientierung weiß niemand. Oft fühlt er sich einsam, isoliert und allein und versucht diese innere Leere durch anonyme Sexualkontakte zu füllen.

Eine fixe Partnerschaft mit einem Mann hätte Herr Z. zwar gerne, allerdings ist seine Angst vor gesellschaftlicher Stigmatisierung viel zu groß, um diesen Wunsch in die Tat umzusetzen. Er lehnt ja innerlich seine Homosexualität sogar selber ab und hat wenig Selbstbewusstsein.

Film: "Queerfeindliche Gewalt: Sie wollen nicht mehr schweigen!"

Wie kann man verinnerlichte Homophobie überwinden?

Wichtig ist es, dass wir eine innere, erwachsene Beobachter-Instanz in uns etablieren, mit der wir unsere eigenen homonegativen Gefühle, Emotionen, Gedanken und Impulse auf einer Metaebene wohlwollend beobachten und integrieren lernen, um dann konstruktiv und selbstfürsorglich mit uns umzugehen.


Verinnerlichte Homophobie als Überlebensstrategie

Im Grunde genommen sind eigene homophobe Seiten nicht unser Feind, sondern sie waren einst Selbstschutz- und Überlebensstrategien unserer Psyche, d.h. sie waren Beschützer, Bodyguards und Freunde in einer unerträglichen gesellschaftlichen, sozialen und psychischen Situation. Das Symptom der verinnerlichten Homophobie war zugleich eine hochkompetente Lösung. Da Körper und Psyche ökonomisch, d.h. auch faul sind, bewahren sie Altbewährtes und zwar auch dann, wenn es im Jetzt nicht mehr adaptiv oder sinnvoll ist oder uns sogar schweren Schaden zufügt.


Fragen, die Dir hier helfen können, sind:

  • Was war das Sinnvolle an der internalisierten Homonegativität? Wovor hat sie Dich beschützt und bewahrt?
  • Was wäre passiert, wenn Du früher Deine Homosexualität völlig frei ausgelebt hättest? Was ist Dir durch das Verheimlichen erspart geblieben?


Die positive Nachricht ist hier: Durch üben, üben und üben können wir unsere alten homonegativen Muster umlernen, überschreiben und adaptieren. Dies erfordert freilich Geduld, Zeit und Training, wie wenn wir ein neues Handwerk erlernten.


Was mag diese Homonegativität für Menschen bedeuten, die auch noch in einem politischen System leben, wo Homosexualität verfolgt oder nicht wirklich frei gelebt werden kann, etwa in Russland, Polen oder Bulgarien?

Man muss eigentlich nur in unsere eigene Vergangenheit zurückblicken und ältere LGBS fragen, die noch strafrechtliche Verfolgungen, Inhaftierungen und Gewalt erlebt haben. Wenn mir Kerker, Folter, Polizeigewalt und juristische Diskriminierung drohen, dann bilden sich bei fast jedem/jeder Betroffenen schwere Traumafolgesymptome aus.

Diese unerträgliche Situation aus äußerer Bedrohung durch systemische Gewalt und dem "Feind in den eigenen Reihen" (verinnerlichte Homophobie) kann eigentlich niemand gesund überstehen.

Die betroffenen Menschen können sich in der Regel nicht einmal in ihren Familien oder im Freundeskreis outen und fühlten sich zutiefst einsam, isoliert, hilflos und verlassen. In der Regel sind sie gezwungen, Scheinehen einzugehen und ein belastendes Doppelleben zu führen. Die Homosexualität bzw. Bisexualität muss in diesen Ländern das ganze Leben lang geheim gehalten werden.


LGBs in diesen Ländern werden ihr ganzes Leben lang gezwungen, eine falsche Identität vorzuspielen. Sie müssen Heterosexualität vortäuschen, da ihnen ansonsten das soziale Aus, oft auch Folter, Totschlag oder Todesstrafe drohen.

Der Psychoanalytiker Arno Gruen beschreibt in seinen Werken präzise, wie sich auf diese Weise ein falsches Selbst ausbildet.

Der/die Betroffene errichtet zum Selbstschutz eine Fassade, spürt seine/ihre Bedürfnisse und Emotionen kaum noch und wird umso anfälliger für Ideologien, radikale Weltbilder und Schwarz-Weiß-Erleben. Später wird er/sie dann zum Rationalisieren neigen und seine/ihre Kränkungen, Verletzungen und Traumatisierungen an andere weitergeben oder durch verschiedene Abwehrmechanismen überkompensieren.

Doku: "Homophobie und Freiheitsdrang - Polen zwischen Tabu und Aufbruch"

Was braucht es aus gesellschaftspolitischer Sicht damit sich Menschen ihrer homosexuellen Bedürfnisse nicht mehr schämen müssen?

Eine Erziehung zu Selbstliebe und Selbstannahme beginnt im Elternhaus, und zwar schon ganz früh, nämlich vorgeburtlich.

Das ist natürlich schwer oder völlig unmöglich, wenn Eltern selbst Entwicklungstraumen haben und nie erleben durften, dass sie liebenswert sind. Dann werden sie ihre eigenen Traumen, ihre Selbstablehnung und ihren Hass im Außen bekämpfen, nämlich an ihren Kindern, die eine andere sexuelle Orientierung haben. Wenn ich in mir selbst keine Heimat habe, dann werde ich immer projektiv Minderheiten und den Anderen/die Andere bekämpfen.

Deshalb brauchen wir unbedingt eine Pädagogik, die uns ab dem Kindergarten bis ins Erwachsenenalter schult, dass wir unsere Emotionen, unseren Körper und unsere authentischen Bedürfnisse fühlen, darunter auch unsere sexuellen und partnerschaftlichen Bedürfnisse.

Es braucht Emotions- und Bedürfniskunde unbedingt als Schulfach. Denn wir werden in unserem Schulsystem nur noch auf Leistung getrimmt, aber nicht auf das Spüren.

Diese Selbstoptimierung kolonialisiert unseren Körper, unsere Psyche, unsere Beziehungen und unsere Sexualität.

Bei starker verinnerlichter Homophobie im Erwachsenenalter erachte ich eine bindungs- und körperorientierte Traumatherapie als unabdingbar, um ein erfülltes Leben führen zu können. Ich kann mit einer Psychotherapeutin / einem Psychotherapeuten das Fühlen und Spüren nachlernen.

Zusätzlich sind natürlich alle Beratungsangebote für LGBTIQA*, Selbsthilfegruppen, Soziale Netzwerkarbeit und Angebote der Gemeinwesenarbeit genauso wichtig und unterstützend.


Florian Friedrich arbeitet als Psychotherapeut in der Aidshilfe Salzburg und in eigener Praxis. Er hat die Schwerpunkte körper- und bindungsorientierte Traumatherapie und LGBTIQA*.

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